Übers Spazieren

Wenn wir nichts mehr beweisen müssen, werden wir wie unsere Urahnen: Wir streifen durch die Wälder und suchen Pfade über die Wiesen. Wir werden Wildbeuter ohne Wild, Nomaden ohne Zelte. Wir lassen uns von unseren Launen von Ort zu Ort tragen. Es hat keinen Sinn und Zweck, aber es gehört zu den Dingen, für die unsere Körper gemacht sind. Wenn wir es tun, werden wir Teil der Welt, aus der wir gefallen sind.

13 Gedanken zu „Übers Spazieren“

  1. sich durch die welt träumen…
    wie schön wäre das(?)

    ich denke oft an die liedzeile eines songs von willie dunn „I`m a dreamer, and I`m dreaming the whole day long…“
    als ich mir die platte kaufte, war ich junge 18.
    und mit 16 schrieb ich folgendes gedicht, das einzige, welches ich auswendig kann:

    „So seicht, so zart im Scheine einer Kerze
    träume ich von einem Sinn
    ohne Eile, Angst und Hetze
    will ich wissen, wer ich bin

    Immer dieses Suchen und Erstreben
    das will ich nicht
    was ich will, ist leben
    einfach so im Kerzenlicht“

    mein damaliger deutschlehrer meinte dazu nur ironisch, dass ich nicht goethe sei.
    nun gut, ich ließ mich nicht beirren.
    ich bleibe ein gottvergessener träumer.
    sowieso will ich kein goethe sein.

    wem sollte man was beweisen müssen?

  2. REPLY:
    … eine gute Frage – wem sollte man etwas beweisen müssen? Ich habe keine Antwort darauf, aber doch einen starken Drang danach, mich zu beweisen. Seit Jahren versuche ich, es mir abzugewöhnen – es macht in meiner Lebenslage wenig Sinn. Und doch, und doch …

    Ein Gedicht wie das Deine hätte ich mit 16 nie geschrieben. Schönes Gedicht, übrigens, ich finde den Kommentar Deines Deutschlehrers unnötig sarkastisch, für einen 16-Jährigen hattest Du doch ordentlich was im Kopf!

  3. .. durch die Wälder streifen, über die Wiesen wandern, … uns von Ort zu Ort tragen lassen. So könnte das klingen, wenn ich mit dem Hund spazieren gehe. Ich freue mich darüber, wie er mal hier, mal da am Wegesrand schnuppert, mal hier, mal da einen Abstecher macht oder vergnügt vor mir her läuft. Ich freue mich im Spazierengehen, dass ich mich freue.

  4. Ich würde da gar nicht so weit greifen, obwohl ich den Gedankengang sehr interessant finde. Aber eher würde ich meinen, dass es das Gehen an sich ist. (Ich hatte dazu sicher schon mehrmals etwas geschrieben, finde das aber nicht so einfach.) Also kurz zusammengefasst, würde ich sagen, dass längeres Gehen eine Form von Meditation ist. Dass die Gedanken immer langsamer kreisen, bis sie vollkommen verschwinden und man nur noch ist.

  5. REPLY:
    so ein ähnliches gefühl habe ich auf langen fahrradtouren, wenn ich durch gottverlassene landschaften radle.

  6. REPLY:
    … auch unterschreiben. Ich finde, die Vorstellung, dass unsere Körper für’s Gehen gemacht wurden, und dass Gehen eine Art Meditation ist, schliesst sich gegenseitig nicht aus. Und Fahrradfahren ist ja im Grunde eine andere Art zu gehen, diese Fortbewegung, die von unserem Körper einen gewissen Aufwand erfordert und gleichzeitig unseren Geist zum Umherschweifen freilässt.

  7. REPLY:
    Dazu finde ich Fahrradfahren eigentlich schon wieder zu schnell. Ist natürlich geruhsamer als alle anderen Fortbewegungen jenseits vom Zufußgehen und bindet auch die körperliche Bewegung ein, aber es eignet sich nicht so zum Innehalten – dazu ist man dann doch wieder zu schnell woanders. Beim Fahrradfahren hält man da doch weniger an, um sich in einen Sinneseindruck zu vertiefen. Wenn man zu Fuß unterwegs ist, sieht man einfach mehr. Und da bleibt man dann auch einfach mal stehen und schaut genauer hin. Genau das, was man vielleicht auch virtuell oft nicht macht. Ein kurzes Überfliegen und – klick – weiter. Eine meiner Lieblingsstrecken, da genau fast vor der Haustür beginnend, ist jedes Mal wieder schön (wobei ich schon zusehe, dass ich nicht zu oft da lang gehe, um den Zauber nicht abstumpfen zu lassen). Dieser führt zunächst an einem Kanal und dann an einem Flüsschen mit diversen Teichen entlang – alles weitestgehend im Grünen. Und es war eben nicht beim ersten Mal, als ich beispielsweise die wild lebenden Schildkröten entdeckte. Per Fahrrad währen die mir vollkommen entgangen. Gerade solche Entdeckungen, bei denen man auch mal stehen bleibt und sie einfach beobachtet, sie auf sich wirken lässt und eben alles andere vergisst, finde ich gerade beim Gehen sogar fast noch wichtiger als die reine Bewegung, wenn auch diese allein schon an sich eben sehr gut tut.

  8. REPLY:
    klar, die details am wegesrand bleiben auf dem fahrrad meist flüchtig. aber ich sehe genug von der umgebung, wenn ich z.b. einen langen uferweg am fluß entlang radle, ich sehe den himmel und die bäume, die landschaften, ich atme und rieche die luft, spüre den fahrtwind… und komme ins träumen.

  9. REPLY:
    für die Radfahrer nehmen, obwohl ich selber inzwischen damit aufgehört habe. Aber ich erinnere mich an meine Radtouren damals mit grosser Freude. Ich fuhr gerne auf Landstrassen kreuz und quer durch die Schweiz und ich denke gerne an das Glücksgefühl beim Anblick gewisser Landschaften zurück, oder an das Gefühl der Bewegung – es war, als würden meine Zellen singen.

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