News vom bedrohten Paradies

Unser Haus gehört einer Organisation mit dem lapidaren Namen Wohnbaugenossenschaft Luzern. Man erwartet von einer Wohnbaugenossenschaft in der Schweiz zahlbare Wohnungen und wenigstens den Ansatz einer sozialen Ader.

Doch uns Mietern schwante Böses, als wir an einem kalten Samstagmorgen anfang September zur Information im nahen Kirchgemeindesaal eintrudelten. Seit mehreren Jahren kursieren Gerüchte: Ein Dutzend würden abgerissen, alle Mieter müssten ausziehen. Auf dem Internet findet man hier schon seit geraumer Zeit die Baupläne der Architekten. Jetzt wollten die Damen und Herren von der Wohnbaugenossenschaft endlich die Katze aus dem Sack lassen.

Beim Eingang sahen wir schon ein Modell der neuen Überbauung. Wir standen davor und lächelten und sagten: „Schön ist es geworden.“ Wir meinten es zynisch. 238 günstige Wohnungen in Stadtnähe werden verschwinden. Unsere Wohnungen.

Aber es war dann doch ganz nicht so schlimm wie befürchtet. Erstens werden die Bauarbeiten frühestens im Sommer 2019 beginnen. Frühestens. Es gibt vorher noch zwei Planauflagen. Zweitens will die Baugenossenschaft gestaffelt vorgehen – nicht alle Häuser verschwinden gleichzeitig. Man hat uns drittens in die Hand versprochen: Wer im Quartier bleiben will, der bekommt eine Wohnung in der neuen Siedlung. Viertens werden diese Wohnungen einigermassen preisgünstig sein. Einigermassen: Eine neue Zweizimmerwohnung wird 1400 Franken monatlich kosten, eine neue Vierzimmerwohnung 2000 Franken. So viel muss man halt heute hinblättern, wenn man in einer neuen Wohnung in der Stadt leben will. Mindestens. Aber immerhin: Die Leute von der Genossenschaft haben sogar versprochen, dass sie, wenn nötig, beim Umzug im Quartier helfen werden.

An jenem Abend habe ich zum ersten Mal seit Wochen wieder ruhig geschlafen.

5 Gedanken zu „News vom bedrohten Paradies“

  1. Der letzte Absatz ist sehr erfreulich zu lesen. Interessant ist es, allerdings die Preise für das Wohnen zu erfahren. Die sind schon ganz schön geschmalzen. Allerdings ist das Gehaltsniveau in der Schweiz doch deutlich höher.
    Als ich meinen Kredit für die Hausrenovierung zurückzahlte, musste ich 1500 € im Monat zahlen. Allerdings gehört das Haus dafür jetzt mir.

  2. Allerdings schauen die Fotos der Wohngegend und die Baupläne nicht so schlecht aus. Für uns würde sogar eine Zweizimmerwohnung ausreichend sein.
    Aber wie sieht die Verkehrsanbindung aus? (Ohne Auto)

  3. REPLY:
    sind gesalzen. Und die Preissteigerung bei den Mieten ist sehr viel happiger als die Aufschläge bei den Löhnen. Man fragt sich wirklich, wo das noch hinführen wird in der Schweiz. Sobald man auf Wohnungssuche geht, ist man mit ungemütlichen Realitäten konfrontiert.

    Das ist natürlich praktisch, dass Sie Ihr Haus jetzt besitzen, Herr Steppenhund. Wir fragen uns allmählich auch, ob es nicht besser wäre, etwas zu kaufen.

  4. REPLY:
    … vom Büchern in einer Zweizimmerwohnung, Herr Steppenhund?! Ich weiss nicht, ob Ihre Frau da einverstanden wäre 😉

    Die Verkehrsanbindung ist ganz leidlich. Das haben Sie ja leider beim letzten Mal nicht so mitbekommen. Die nächste Bushaltestelle von da, wo wir jetzt sind, ist ziemlich genau 500 Schritte entfernt. Der Bus fährt von da nur alle Viertelstunden. Aber weiter vorne, wo wir wohl hinziehen werden, wenn wir sehr viel Glück haben, ist eine ähnlich weit entfernte Bushaltestelle mit Sechsminutentakt. Ausserdem wissen Sie ja: Man ist in zehn Minuten zu Fuss im Stadtzentrum. Die beiden grösseren Lebensmittelläden (Migros und Coop) sind in etwa 1000 Schritten zu erreichen. Herr T. hat einmal mit einem amerikanischen Immobilienrechner den Walkability Score errechnet. Er liegt bei 75 von 100 Punkten, wenn ich mich richtig erinnere.

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