Ein Gespräch über Rapsfelder


In der Schweiz blühen die Rapsfelder – und es toben Diskussionen über eine zerstörerische Landwirtschaft.

Neulich fuhren Herr T. und ich mit dem Zug über Land. Ich schaue aus dem Fenster und sage: „Schau mal, so ein schönes Rapsfeld!“ Herr T. blickt von seinem Tablet auf und antwortet: „Tjaaa, Rapsfelder stellen ein besonderes Problem dar. Man kann Raps nicht ohne den gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln anbauen.“ Ich verdrehe die Augen. Ich meine: Können wir in diesem Frühling nicht einfach die Schönheit eines blühenden Feldes bestaunen, ohne gleichzeitig an Pestizide zu denken?!

Nein, können wir nicht. Wir stehen wieder mal vor einer Volksabstimmung, am 13. Juni, und diesmal geht es um unsere Landwirtschaft und unser Trinkwasser. Diesmal müssen wir uns unbequeme Fakten vor Augen führen. Fakt ist zum Beispiel: Die Gifte aus der Landwirtschaft stellen in unserer sauberen Schweiz eine ernst zu nehmende Gefahr für unser Wasser dar (übersichtliche Zahlen gibt’s hier).

Ich habe immer gewusst, dass unsere Landschaft nicht reine Natur ist. Der relativ flache Teil der Schweiz ist klein und eine einzige, riesige Kulturlandschaft, seit Jahrhunderten. Aber dass diese Landschaft heute über sehr weite Strecken eine grüne Wüste ist, ein mit Giften aller Art hochpoliertes, auf Höchstproduktivität gezüchtetes Kunstprodukt – ich habe es lange Zeit nicht so genau wissen wollen. Jetzt komme ich nicht darum herum: Ich muss einsehen, dass unser Lebensstil und mithin unsere Landwirtschaft 60 Prozent unserer Insekten und Vögel und tonnenweise so genanntes Unkraut vernichtet haben. In Deutschland ist es übrigens nur wenig besser, wie der süddeutsche Ornithologe Peter Berthold hier sehr anschaulich erklärt. Und: Das Gift sammelt sich im Wasser und in den Böden an und bleibt schädlich, für Jahrzehnte.

Die Trinkwasserinitiative, über die wir am 13. Juni abstimmen, will nun jenen Bauern die Bundesgelder streichen, die weiterhin Pestizide benutzen. Das ist eine steile Ansage, und Bäuerinnen und Bauern laufen Sturm gegen die Vorlage. Ihre Wortmeldungen sind oft von epischer Breite, die Zusammenfassung lautet ungefähr: „Das können wir nicht, und das wollen wir nicht, und Ihr ahnungslosen Städter sollt uns gefälligst nicht sagen, wie wir unseren Job zu machen haben.“

Wahrlich, ich habe Respekt vor den Bauern. Und ich weiss, dass meine Unwissenheit über die Landwirtschaft episch ist. Und doch spiele ich mit dem Gedanken, Ja zu stimmen. Ein taktisches Ja nennt man das hierzulande. Mit einem taktischen Ja gibt man zu, dass man eigentlich keine Ahnung hat – aber dass man will, dass sich etwas ändert.

7 Gedanken zu „Ein Gespräch über Rapsfelder“

    1. Cool! Beim Öl sind wir noch nicht soweit. Aber beim Gemüse schon: Fast zu 100 Prozent biodynamisch! Herr T. kauft da vorbildlich ein.

      1. Dann ist auch über kurz oder lang damit soweit. 😎 Ich müßte allerdings mal prüfen, in welchem Land der Bio-Raps zum Öl angebaut wird. Ganz viel in Spanien nämlich.

        1. Keine Ahnung – ich finde es vorbildlich, dass Du Bio-Rapsöl verwendest, und meine Grenze für Gemüse-Import geht in der Regel durchs Mittelmeer (neulich habe ich ausnahmsweise Linsen aus Ägypten gekauft). Obwohl ich weiss, dass in Spanien die Verhältnisse für Gemüseanbau nicht ganz unproblematisch sind…

  1. Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet aus Spanien dieses Bio Rapsöl kommt, denn in Spanien wird nicht viel Raps angebaut. Bedauerlich finde ich dagegen, dass Sie obwohl Sie selbst schreiben, dass Sie sich mit der Materie nicht vertraut sind ein Ja in die Urne legen. Damit helfen Sie mit den Rapsanbau in unserem Land zu beerdigen. Selbst Bio suisse ist in seinen Aussagen über die Schädlingsbekämpfung im Raps eher ratlos, gute Mittel oder Methoden sind noch kaum erprobt und die Erträge werden den Anbau nicht mehr lohnend machen. Dies ist umso bedauerlicher, als Raps in der Fruchtfolge eine wertvolle Pflanzengattung ist. Auch das Rapskuchenmehl aus der Ölproduktion ist als Futterzusatz sehr wertvoll (statt Soyaschrot z.b.).

    1. Danke für die informativen Angaben zu Raps und Rapsol, Frau Win. Es ist mir bewusst, dass wir eine problematische Situation haben. Ich habe die Abstimmungsdiskussionen sehr aufmerksam verfolgt. Das Bio-Rapsöl, von dem meine Kollegin spricht, wird in Deutschland vertrieben. Darüber weiss ich nichts.

    2. Danke liebe Susanne, das stimmt, Du bist ausgezeichnet informiert. 😎 Deswegen hab ich vorhin meine Bio-Rapsölflasche unter die Lupe genommen: Aus EU-Ländern stammt der Bio-Raps. 🙂

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