Pelatischiessen – ein kurzer Text über Tomaten

Das Pflänzchen auf dem Bild ist meine allererste eigene Tomatenstaude. Immer habe ich davon geträumt, eigene Tomaten zu ziehen. Ich liebe den Duft von Tomatenstauden, und die roten Kugeln aus dem Supermarkt schmecken mir oft nicht mehr. In unserer alten Wohnung war der Balkon zu klein für Gartenexperimente. Aber jetzt haben wir eine schöne, grosse Loggia. Das Pflänzchen bekam ich von einer Nachbarin aus der Nummer 6, im Austausch gegen unseren Borretsch.

Jeden Morgen besuche ich als erstes mein Balkongärtchen. Ich rieche an den Tomatenblättern, schaue nach dem Basilikum, den wir im April knapp vor dem Eingeschneitwerden retten konnten. Ich staune darüber, wie der Borretsch plötzlich wuchert.

„Und dann gab es ein Pelatischiessen“, sagt Herr T. beim Kaffeetrinken. Pelatischiessen? Meine Ohren spinnen wieder, es ist krass. X-mal sagt Herr T. „Pelatischiessen“. Er berichtet von einem Fussballmatch, den er gesehen hat. Am Schluss stand ein Unentschieden, und es gab ein episches Pelatischiessen. Dann kamen die Goalies zum Zug, und dann gewann Villareal. So viel habe ich verstanden.

Einen Tag später steht es auf allen Online-Portalen: Die Schweiz bricht mit der EU. Ich möchte aufstehen und Tomaten kaufen, eine dünnschalige Sorte, oder vielleicht auch Pelati. Ich würde sie unseren sieben Bundesräten mit der ganzen Wucht meines Zornes an den Kopf schleudern. Dass sie es soweit haben kommen lassen!

13 Gedanken zu „Pelatischiessen – ein kurzer Text über Tomaten“

    1. Ja, Elfemeterschiessen, auf Schweizerdeutsch heisst das „Penaltyschiessen“. Wir richten uns nach dem englischen Original. Das Wort „Elfmeterschiessen“ habe ich lustigerweise nicht mal in meinem Aktivwortschatz.

      Der Schwexit in sechs Sätzen: Die Schweiz hat zwar gültige Verträge mit der EU. Die EU wollte aber einen neuen Vertrag, einen so genannten Rahmenvertrag. Die Schweiz und die EU haben fünf Jahre lang über diesen Vertrag verhandelt, dann haben die Schweizer zwei Jahre lang daran rumgemäkelt, und jetzt, nach sieben Jahren einfach die Verhandlungen abgebrochen. Das heisst: Die alten Verträge sind zwar noch gültig. Aber die Gesetzgebung bleibt einfach stehen, irgendwann sind die Verträge veraltet und Makulatur. Ausserdem ist Brüssel zu Recht brüskiert.

  1. Wenn ich in den diversen Regionalzeitungen lese, wie hier mit dem Ressentiment gegenüber der EU Schindluder getrieben wird, ohne dabei zu erwähnen wie sehr die Schweiz von ihrem Vertragsstatus mit der EU bisher profitiert hat: dann wird auch mir ganz schlecht. Es scheint, als wären die Damen und Herren Bundesräte Getriebene einer „Volksmeinung“ und „Stimmungslage“. Aber ist das wirklich die Haltung der Schweizer? Die SVP meint ja. Und wir wissen, wem die Regionalzeitungen und Stimmungsmacher gehören: Herrn Blocher.

    1. Nein, nein, die Regionalzeitungen gehören nicht alle Herrn Blocher. Es gibt auch in Mostindien eine Regionalzeitung, die nicht Herrn Blocher gehört. Und der Abbruch der Verhandlungen mit der EU war ja auch kein Volksentscheid (das ist ja genau das Problem, unter anderem). Das Erschreckende ist, dass Herr Blocher keinen Finger zu rühren brauchte. Es war ein kollektives, grosses Fest der Selbstdestruktion, das hier abgelaufen ist. Und auch wenn jetzt alle wehklagen: Es gab ausser den Grünliberalen keine einzige Kraft im Land, die das Debakel ernsthaft zu verhindern versucht hat (das sage ich als Mensch mit tiefem Misstrauen gegen die Grünliberalen).

  2. Seltsam… der „Like“-Button funktioniert hier nicht mehr. Ich habe es gestern schon auf dem Tablet versucht, heute auf dem Rechner. — Tomatenpflanzen riechen wirlich gut, mag ich auch sehr.

    1. Danke für den Hinweis, liebe Erinnye. Ärgerlich. Ich mag es, wenn sich unter meinen Beiträgen die Like-Buttons aufreihen 🙂

    1. Ja, mit Minze machten wir auf unserem alten Balkon gute Erfahrungen. Genügsam und üppig wucherten sie auch bei mässigem Licht und in regnerischen Sommern. Jetzt haben wir auf dem Nordbalkon Krauseminze, und es ist ihr dort anscheinend zu kühl. Geht ein frostiger Wind. Ich poste dann Bilder von meinen Tomaten, wenn es je welche geben sollte. Ich habe gelesen, dass man sie häufiger düngen muss als anderes Grünzeug. Damit muss ich jetzt mal anfangen.

  3. Viel Erfolg mit den Tomaten! Ich habe dieses Jahr welche aus Samen gezogen, leider war es lange nasskalt, ich hoffe die packen es noch, aber so eine sonnenwarme Tomate zu ernten, ist schon ein schöner Glücksmoment.

    1. Ja, bei uns war’s auch bis vor einer Woche nasskalt. Jetzt ist es wunderbar, strahlend blauer Himmel und warm, aber noch kühler Nächte.

  4. Penalty wird aber beim Eishockey verwendet.
    Ich kippe mein Gemüsewaschwasser in den Garten, und da müssen sich vor Jahren Tomatenkerne hineinverirrt haben, die es sogar bis zu Früchten gebracht haben, ohne daß ich irgendwas dazu beigetragen habe. War jedoch ein einmaliges Geschenk. Da ich keinen Balkon habe, fressen mir die Schnecken das meiste weg.

    1. Tja, das mit dem Penalty ist im Schweizerdeutschen eben anders. Da stützen wir uns aufs englische Original. Es heisst bei uns auch „Goal“ und nicht Tor. 🙂

      Das mit dem Tomaten finde ich ja bemerkenswert. Das heisst vielleicht, dass ich doch nicht so irrsinnig viel düngen muss. Ich muss da noch ein bisschen den Dreh rauskriegen.

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