Alter Woody Allen-Film, ganz neu gesehen

Diane Keaton und Woody Allen in „Manhattan“ (nicht die Einstellung, über die ich hier schreibe).

Den hastigen Dialogen in Woody Allen-Filmen kann ich oft nicht mehr folgen. Oder vielleicht können es die Untertitel nicht, ich weiss es nicht genau. Als wir neulich abends „Manhattan“ (1979) sahen, blieb unten jedenfalls mal minutenlang eine Zeile über ein Restaurant hängen, während die Protagonisten im Film aufgeregt weiterbrabbelten.

Dafür sehe ich Bilder anders als früher, und so fiel mir in „Manhattan“ diese geradezu beunruhigend intime Einstellung auf. Sie dauert sicher zwei Minuten, eine Nahaufnahme von Diane Keaton, Woody Allen und Michael Murphy an einer Vernissage. In der Bildmitte sieht man das Gesicht der jungen Keaton wie eine strahlende Sonne, mit diesem Leuchten, das junge Leute haben, und das mich manchmal fast umhaut. Die beiden Männer links und rechts von ihr stehen etwas im Schatten. Die drei haben eines dieser Gespräche über Kunst, Philosophie oder die Unmöglichkeit einer Liebesbeziehung oder was immer. In einer heutigen TV-Produktion würde die Kamera jeweils auf die sprechende Person schwenken und so ihrer Aussage Gewicht geben. Aber das passiert hier nicht. Sie bleibt in derselben Position, und man sieht eigentlich nur Keaton. Das illustriert dann auch, wozu diese nervösen Dialoge eigentlich da sind: Da wollen alle bloss zeigen, was für Intelligenzbestien sie sind. Dabei zählt im Grunde nur das Begehren – das Begehren der Kerle natürlich, wir sind ja in einem Woody Allen-Film.

2 Gedanken zu „Alter Woody Allen-Film, ganz neu gesehen“

  1. Untertitel.
    Erst nach der Wende kamen wir an Fernsehgeräte, die die Videotext-Funktion beinhalten und wir kamen in den Genuss, endlich Filme „verständlich“ ansehen zu können.
    Die Folgen sind breit gefächert: Ich kann heute keinen Film ohne Untertitel sehen. Schalte mich oft einen Dummkopf, wenn ich im Kino einen Film ohne Untertitel sehe (was aber in letzter Zeit zum Glück äusserst selten vorkam). Und wenn im Fernsehen eine Untertitel-Störung auftritt, weigere ich mich, den Film weiter anzusehen und schalte stattdessen um.
    Die andere Kehrseite der Medaille ist: Mit den Untertiteln übe ich auch wieder das Hörverstehen und bin jedes Mal am Verzweifeln, dass die Untertitel die gesprochenen Dialoge so gut wie gar nicht 1:1 wiedergeben.

    Von Woody Allen habe ich einmal geträumt. Dabei habe ich keinen einzigen Film von und mit ihm gesehen. (Nein, der Traum ist nicht schuld daran.)

  2. Ein Leben ohne Untertitel in der DDR?! Das stelle ich mir schrecklich vor. Dieses Gebrabbel immer!
    Ich mache es wie Du: Wenn ein Film keine Untertitel hat, sehe ich ihn mir gar nicht an. Das bedeutet, dass ich mir gar keine deutschen oder Schweizer Filme mehr ansehe.
    Man kann viel gegen Netflix sagen, aber eins haben sie: immer Untertitel!

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