
Ich habe gerade das dringende Bedürfnis, mich ein wenig zu vergnügen. Deshalb habe ein Buch zu lesen begonnen, auf dessen erheiternde Wirkung ich mich in jungen Jahren verlassen konnte: Douglas Adams‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“. Ich war nicht sicher, ob es bei Frau Frogg Ü50 noch funktioniert, aber siehe da: Auf Seite 52 brach ich in derart schallendes Gelächter aus, dass Herr T. verwundert aufsah.
Für alle, die die Story nicht kennen: Sie erzählt die Geschichte des ahnungslosen Erdenbewohners Arthur Dent, der eines Donnerstagsmorgens von einem intergalaktischen Freund auf eine aberwitzige Reise durchs All entführt wird. So um die Seite 50 haben die beiden ihre erste Mitfahrgelegenheit in einem riesigen Raumschiff gekapert. Doch Arthur versteht von der Lautsprecher-Durchsage des Kapitäns nur ein sehr beunruhigendes: „Heul heul gurgel heul gurgel heul.“ Meinen schwerhörigen Leserinnen und Lesern wird dieses Problem bekannt vorkommen. Arthur Dent ist jedoch nicht schwerhörig, sondern er versteht kein Vogonisch, und Vogonisch ist die Sprache des Raumschiffkapitäns.
Aber nun bekommt Arthur von seinem Freund einen kleinen, gelben Fisch ins Ohr gesteckt, einen so genannten Babelfisch. Und sogleich verwandelt sich das Gegurgel in seinem Ohr in annähernd normales Deutsch. Auch dieses Phänomen kennen wir Schwerhörigen. Wir erleben es zum Beispiel, wenn wir passende Hörgeräte anziehen. Dieses plötzlich wieder klare Hören kann ein geradezu überschäumendes Glücksgefühl auslösen.
Der Babelfisch aber ist, so lesen wir auf Seite 52, kein Gerät, sondern ein Lebewesen: ein für Galaxis-Reisende derart „unfassbar nützliches“ Produkt der Evolution, dass „einige Denker ihn als schlüssigen und endgültigen Beweis der NICHT-Existenz Gottes sehen.“ (S. 52)
Das Argument geht ungefähr so: „Gott sagt: Ich weigere mich zu beweisen, dass ich existiere. Denn ist dieser Beweis einmal erbracht, braucht es den Glauben nicht mehr, und ohne Glauben bin ich nichts.“ Aber, so antwortet der Mensch: „Der Babelfisch ist ein todsicheres Zeichen, nicht wahr? Er kann sich nicht durch Zufall entwickelt haben. Er beweist, dass Du existierst, und daher existierst Du eben gemäss Deinem eigenen Argument nicht. QED.“ An dieser Stelle setzte mein Gelächter ein, weil mich die Passage an die mittelalterlichen Gottesbeweise erinnerte, die wir in den Philosophiestunden am Gymnasium lernten. Erwartet man so etwas in einem Science Fiction-Roman?
Ich lachte aber auch, weil ich zweifelsfrei feststellte, dass man die ganze Sache auch genau umgekehrt sehen kann: Soweit wir wissen, gibt es in der ganzen Galaxis keinen Babelfisch für Schwerhörige. Für uns hält das Universum also keine „unfassbar nützliche“ Lösung unserer Probleme bereit, nur mehr oder weniger taugliche Hörgeräte. Heisst das möglicherweise, dass es doch einen Gott gibt?
Zitate aus Douglas Adamas: „The Hitch Hiker’s Guide to the Galaxy – a Trilogy in Four Parts“, London, William Heinemann Ltd., 1979 (Übersetzung der Zitate von Babelfröschin Frogg). Hier geht’s zu einem YouTube-Ausschnitt der Verfilmung von 2005 mit Martin Freeman als Arthur Dent.