Die letzten Tage unserer Reise verbrachten wir in Quiberon. Von dort aus besuchten wir die 7000 Jahre alten Steinreihen in Carnac. Sehr eindrücklich. Unvergessen ist aber auch die Rückreise im Bus. Wir mussten in Plouharnel an einem Kreisel umsteigen, Wartezeit: 1 Stunde 25 Minuten. Eine Fahrt im Auto auf dieser Strecke dauert ohne Stau 18 Minuten. Es war noch Vorsaison, da fahren nicht so viele Busse. Der Bahnhof war 500 Meter vom Kreisel entfernt, man hätte zu Fuss dorthin gehen können, aber es fuhr ohnehin gerade kein Zug. „Oui, c’est n’est pas tres bien organisé“, sagte ein älterer Mann, der denselben Plan hatte wie wir. Er trug helle, saubere Kleider und eine fleckige Spiegelbrille. „Und den Zug nehme ich sowieso nicht“, sagte er, „der ist ja 5 Euro teurer als der Bus! Das kann ich mir nicht leisten.“ Er setzte sich auf die Bank im Plexiglas-Bushäuschen und schickte sich an, in aller Ruhe anderthalb Stunden zu warten.
Herr T. ging auf der anderen Strassenseite einen Cidre trinken, ich in Plouharnel spazieren. Ein malerisches Dorf mit winkligen Gassen. So kam ich zwar kurz vor Abfahrtszeit des Busses wieder aus dem Dorf heraus. Aber nicht, wie erwartet, am Kreisel mit der Bushaltestelle. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Nur, dass da ein anderer Kreisel war. Ich fragte jemanden nach der Busstation, wurde in eine Richtung gewiesen, eilte los, kam zum nächsten Kreisel – auch dort keine Bushaltestelle.
Was, wenn wir den Bus verpassten?! Was, wenn ich die Haltestelle nie finden würde und Herrn T. auch nicht mehr?! Ich meine, ich kann ihn nicht einfach mal schnell anrufen. Ich bin hochgradig schwerhörig, verdammt! Mein Herz klopfte, ich rannte kopflos nach links aus dem Kreisel. Da sah ich schon in der Ferne den nächsten Kreisel – und dort endlich ein Plexiglashäuschen … aber auf der falschen Strassenseite!
Doch dann sah ich im Häuschen den alten Mann mit der Spiegelbrille. Er hatte sich kaum bewegt, während ich panisch im Kreis herum gerannt war.
Liebe Frau Frogg,
ich mag es zu lesen, wie Du Deine Reiseerlebnisse in spannende, in sich geschlossene Beiträge schilderst.
Nach dem Lesen dieses Textes erinnerte ich mich wieder an Mailand im Juni 2012. Ich beschloss, einen kurzen Spaziergang zu machen und wollte bald wieder zum Hotel. Ich steckte nur Kleingeld ein und nahm auch meine Kamera mit. Ich verliess mich auf meinen Orientierungssinn und merkte dann auf dem Rückweg, dass ich beim Kreisverkehr die falsche Abzweigung gewählt hatte. Zum Glück erreichte ich eine Metro, das mich nur eine Station weiter zum Hotel brachte. Auch war das bisschen Kleingeld genug, um nach einem genussvollen Erdbeereis noch eine Fahrkarte kaufen zu können. (In Mailand kannst Du – im Gegensatz zu Wien – in keine Metro einsteigen, ohne vorher eine Fahrkarte entwertet zu haben. Sie haben Schranken.)
Vielleicht hätte ich es auch geschafft, einen Menschen anzusprechen, aber ich kann kein Italienisch und ich war in einem Viertel, das nicht von Touristen bevölkert war.
Es ist zwar ein „Ende gut, alles gut“ wie in Deiner Geschichte, aber das Gefühl der Panik kann ich sehr gut nachvollziehen.
Danke, Sori, für das Kompliment und für das Mitgefühl bezüglich Verirrtsein in einer fremden Stadt. In einer Grossstadt ist es mindestens ebenso beängstigend. Man denkt, die Richtung stimmt, dann hat die Strasse drei Spuren oder die Kreisel-Ausgänge liegen irgendwie seltsam, und plötzlich ist alles anders. Zum Glück hattest Du genügend Kleingeld.
Ich frage mich gerade, ob es ZUFALL ist, dass ich vor vier Tagen hier einen ähnlichen Eintrag schrieb („Falsch gestanden“). Nicht nur in Plouharnel (Frankreich), sondern auch in Bremen (Deutschland) machen sich die Bus-Betreiber keine Gedanken darüber, den Fahrgästen den Weg zur Haltestelle zu weisen.
Hallo Rabi, danke für Deinen Hinweis auf den Beitrag über die Bushaltestelle in Bremen. Ich schaue mir das an, sobald ich kann. Aber ich komme zu Dir auch nur auf dem Umweg über Nell. Ich lese Deinen Beitrag gerne, wenn ich zu Hause bin, wo ich Zugang zu Nell habe. Mein Blog: ein Sanierungsfall.