Schweizerdeutsch 3: Wenn Wunden heilen

Ruuf (m.)
heisst auf Hochdeutsch: Schorf (auf einer Wunde)
Plural: „Rüüf“
Wahrscheinlich verwandt mit: „Roof“, englisch „Dach“

Trivia: Das Wort erinnert mich an das Staunen, mit dem ich als Kind so einen „Ruuf“ auf meiner Haut betrachten und befingern konnte. Daran, wie oft ich mir damals einen „Blätz“ am Knie oder am Ellbogen holte, eine kleinere Blessur. Wie meine Mutter die Wunde schnell mit ein wenig Merfen Orange desinfizierte und ein Pflaster drüberklebte. Und an das, was zu sehen war, wenn das Pflaster wieder wegkam: dieser krustige, blättrige, etwas brüchigen Deckel, der Ruuf eben, der eine offene Stelle darunter schützte. Wenn der Ruuf – oder das Rüüfli – sich löste, war die Haut darunter rosa. Wenn man „de Ruuf“ zu früh abkratzte, quoll nochmals ein Tropfen Blut aus einer noch nicht verheilten Stelle.

Siehe aus: https://sprachatlas.ch/karten/4051

In der neuen Rubrik „Schweizerdeutsch-Lektiönli“ schreibe ich in unregelmässigen Zeitabständen über einzelne Vokabeln oder Redensarten in der Schweiz. Viele stammen aus meiner Familie, unser Dialekt: Luzerndeutsch, teils geprägt durch die Herkunft meiner Mutter, deren Eltern vom Jurasüdfuss stammten. Ich tue es ohne System oder didaktische Absicht, die Methode ist heuristisch. Kommentare jederzeit willkommen.

9 Gedanken zu „Schweizerdeutsch 3: Wenn Wunden heilen“

    1. Liebe Edith, danke fürs aufmerksame Lesen! Ja, das stimmt, die beiden Wörter sind tatsächlich verwandt, siehe hier: https://www.dwds.de/wb/Blessur.

      „Blätz“ ist bei uns in der Regel eine kleinere Fläche innerhalb einer grösseren, wobei die kleinere Fläche von der grossen visuell gut unterscheidbar ist. Es gibt auch das Wort „Pflanzblätz“, ein kleiner Gemüsegarten in einer Wiese. Oder eben „Blätz“ für Wunde, wobei ein „Blätz“ etwas viel Harmloseres ist als eine Wunde, ein beim Spielen aufgeschlagenes Knie zum Beispiel, das schnell heilen wird. Oder auch ein „Blätz“, wo eine Jacke am Ellbogen durchgescheuert wurde. Heute kauft man natürlich eine neue Jacke, vielleicht deshalb ist das Wort „Blätz“ viel weniger in Gebrauch.

  1. Jetzt musste ich doch lachen wegen „das Rüüfli“.

    Was bedeutet eigentlich dieses „li“ am Ende eines Wortes. Damit machen die Deutschen ja manchmal Witze über die Schweiz. Ich kann mich noch erinnern, wo du mal böse auf mich warst, als ich die Schweizer Währung mit „Fränkli“ bezeichnete (was allerdings nicht meine „Erfindung“ war, sondern in einer Comedie-Sendung so gesagt wurde)

  2. Aber Rabi, ich war doch nie böse auf Dich! Ich bin manchmal, wenn es ums Schweizerdeutsche geht, halt etwas rechthaberisch und bitte diesbezüglich um Nachsicht. Ich habe da ja als Muttersprachlerin und Linguistin einen ordentlichen Wissensvorsprung zu den meisten Deutschen. Das „-li“ ist die Schweizerdeutsche Verkleinerungsform. Im Deutschen gibt’s für dasselbe „-chen“, wie in „Herzchen“ („schwzdt: „Härzli“) oder „-lein“, wie in „Fränklein“ (schwzdt. „Fränkli“).

  3. Ich weiß schon, dass du nicht „richtig böse“ auf mich warst.

    Eines ist völlig klar: in der Muttersprache hat man stets einen riesigen Vorsprung gegenüber allen anderen. Selbst wenn jemand mit 20 Jahren nach England ausgewandert ist, fehlt ihm später im Englischen das ganze Kindergarten-Sprachwissen.
    Ich selber lebe nun ja schon seit mehr als 50 Jahren in Bremen, aber das „Ur-Bremische“ bleibt mir dennoch immer fremd =
    https://www.bremen.de/tourismus/stadt-leute/so-spricht-man-bremisch

    1. Zu „Bremisch“ fällt mir noch folgende Geschichte ein: Vor mehr als 20 Jahren ging die größte Bremer Werft – der „Bremer Vulkan“ – pleite. Darüber wurde auch in den bundesweiten Nachrichten groß berichtet.
      Richtigerweise liegt die Betonung auf der ERSTEN Silbe (VUL-kan). Die (unwissenden nicht-bremer) Nachrichtensprecher betonten dagegen die zweite Silbe. Da hat sich jedem Bremer der Magen umgedreht: wir haben hier doch keinen Lava-spuckenden Krater!

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