Ich habe schon darüber nachgedacht, Hörproben für meine Schweizerdeutsch-Lektiönli zu machen. Aber das wäre aufwändig geworden, und aufwändig herzustellen sollen diese Lektiönli eben nicht sein. Also keine Hörproben. Obwohl die meisten von Euch gar nicht wissen, wie Luzerndeutsch klingt. Damit Ihr Euch das – gewissermassen im Selbststudium – mal anhören könnt, poste ich heute ein paar Links zu Luzerndeutsch gesprochenen YouTube-Videos.

Aktuell und cool: Béla Rothenbühler. Dieser hat es mit seinem zweiten Luzerndeutschen Roman „Polyphon pervers“ 2024 auf die Shortlist des Schweizer Buchpreises gebracht und spricht hier über das Buch. Im Film zeigt er auch gleich, dass man auf Schweizerdeutsch locker über Kultur spricht – was, soweit ich informiert bin – Dialekt Sprechende in Deutschland lieber auf Hochdeutsch tun.

Die älteren von Euch haben Nummern von Emil Steinberger** gehört, jenem Schweizer Comedian, der in den achtziger Jahren auch in Deutschland und Österreich Furore machte. In seinen Programmen für das nicht-schweizerische Publikum sprach er aber gar nicht Luzerndeutsch, sondern Standarddeutsch mit einem Schweizer Akzent, der mit das Ulkige an der Sache war. Wir fanden dann die Deutschen ulkig, oder vielmehr „zum Giggele“, die in die Schweiz kamen und dachten, wir würden hier so sprechen wie der Emil, den sie gehört hatten. Unser Emil aber klingt so; so; oder so.
*Hier habe ich schon über Béla Rothenbühlers ersten Roman geschrieben.
** Emil wuchs 200 Meter von der Stelle auf, wo ich gerade sitze. Wie es damals in unserem Quartier war, lässt sich hier nachlesen.
Der Emil war doch wirklich bei der Post? Und dein Vater auch. Meine ganze fünfköpfige Familie daheim, da waren drei bei der Post, nur meine Mutter und mein großer Bruder nicht. Der Vater war Bahnpost, der kleine Bruder im Fernmeldedienst und ich eigentlich auch.
Jedenfalls hätte von uns keiner den Emil verstanden, von dem hätten wir nichts gehabt. 🙊 Muss ich zugeben – da hätte ich gepasst. 🙈
Aber so haben wir ihn alle geliebt. 💖
Danke für Emils Hörproben – hätte ich nicht gedacht. 🙉
Ja, Emil war bei der Post, und nicht zuletzt bei der Post hat er wohl viel Menschliches und Allzumenschliches abgeguckt, was er später in seine Figur hat einfliessen lassen. Ulkig finde ich jetzt, dass Du und ich aus Postfamilien kommen 😉 Meine Mutter und mein Vater waren bei der Post. In seinen Anfangszeiten fuhr mein Vater auch Bahnpost, unter anderem in der Nacht, in der ich geboren wurde.
Emil hat natürlich genau gewusst, dass die Mehrheit der Deutschen ihn nicht verstehen würde, wenn er Luzerndeutsch spricht. Ich bin ihm überhaupt nicht böse, dass er seine Nummern auf Hochdeutsch übersetzt und die Komik seines Akzents genutzt hat. Es freut mich, dass er euch Deutschen das bringen konnte, was auch wir an ihm geliebt haben. Er war halt nicht mehr ganz „unser“ Emil, aber unseren Emil gab es ja noch auf Tonkonserven und in unserer Erinnerung.
An Emil kann ich mich auch noch erinnern. Und du kanntest ihn persönlich? Von der Post in deinem Bezirk?
Damals waren die Postler ja noch Beamte, und wir hatten einen Postminister (noch 80 Jahre nach dem letzten Kaiser) – ach ja, die Gute Alte Zeit…
Nein, nein, ich habe ihn nicht persönlich gekannt. Ich glaube, nicht einmal mein Vater hat ihn persönlich gekannt, obwohl sie beide auf der Post arbeiteten. Aber Emil hat Jahrgang 1933 und ist sechseinhalb Jahre älter als mein Vater. Als mein Vater in Luzern ankam, hatte Emil bereits gekündigt. Dazu hier ein paar hübsche Bemerkungen:
https://www.emil.ch/emil-deutsch/%C3%BCber-emil/lebenslauf/
Er wuchs aber ganz hier in der Nähe auf, aber lange, bevor ich geboren wurde. Hingegen kannte ihn die Cousine meines Mannes. Sie verkehrte damals in ähnlichen Kreisen wie Emil in Zürich.
Danke für den Link.
„In seiner Familie wurde sehr viel gelacht“ und „Eine Beamtenstelle kann man doch nicht einfach so wegwerfen!“ sind die herausragenden Sätze.
Und dass Emil genau der richtige Name für komische Charaktere ist, fand ich schon lange bevor ich von Herrn Steinberger gehört hatte. Als Kind hatte ich mal so eine Knetpuppe bekommen, die „der komische Emil“ hieß und die man immer wieder unterschiedlich formen konnte.
Ich habe vermutet, dass der Satz mit der Beamtenstelle Dir gefallen würde 🙂 Meine Eltern hatten diese Mentalität auch, mein Vater war auch verbeamtet. Warum Emil so ein zugkräftiger Name für komische Charaktere ist, weiss ich auch nicht. Ich kenne noch „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner, dann hat es sich.
Und das weibliche Pendent zu Emil ist Emilia. Das ist zurzeit der meistgenommene Mädchenname in Deutschland, und die Tochter meines Neffen heißt auch so. Irgendwie kann ich mich mit diesen „neuen alten“ Namen nicht so ganz anfreunden; in meinen Ohren klingen die eher wie Oma-Namen.
“Die Schweizermacher“ sahen wir vor mittlerweile beinah einem halben Jahrhundert (!), war damals auch in Österreich ein Riesenerfolg. 2014 sahen wir Emil Steinberger im Wiener Stadtsaal, dabei brachte er auch manche seiner alten Evergreen-Sketche wie etwa den als Postbeamter neuerlich zur Darbietung. (Erst seit kurzem ist mir übrigens bekannt, dass Steinberger auch im wahren Leben jahrelang als Post-Schalterbeamter berufstätig war.)
Du hast „Die Schweizermacher“ gesehen! Wie schön. Mit Untertiteln oder synchronisiert? Das ist wirklich ein toller Film, ich sah ihn vor erst etwa zehn oder fünfzehn Jahren. Schon damals hatte sich hierzulande das Klima stark zu Ungunsten der Migrantinnen und Migranten geändert, und ich staunte, dass Emil damals so einen politischen Film überhaupt gemacht hat. Aber es waren die späten Siebzigerjahre, eine andere Zeit.