Schwerhörig mit fünf Leuten essen gehen

Als Schwerhörige habe ich grosse Mühe damit, in einem vollen Restaurant ein Gespräch zu führen. Ich habe erst recht Mühe, mit sechs Bekannten am selben Tisch im vollen Restaurant zu sitzen. Zuerst muss ich jeweils sicherstellen, dass ich mit dem besseren Ohr zur Tischgesellschaft platziert bin. Der Rest, also zuhören, ist oft: Mühe. Manchmal ist man dann auch noch die einzige mit gesundheitlichen Problemen und spüre wenig Verständnis. Ich nehme an solchen Anlässen deshalb nur dann teil, wenn es nicht anders geht. Oder wenn ich mir Hoffnung machen kann, dass dabei auch etwas Freude für mich herauskommt.

Das Treffen letzte Woche auf der Melchsee-Frutt erfüllte meine Hoffnung voll und ganz. Nicht nur waren die Gespräche mit den alten und den neuen Freundinnen und Freunden heiter und klug. Die Freunde waren offen für alle erdenklichen Themen, sie waren respektvoll, ja, hilfsbereit! Was es an Mühe gab, wurde durch Freude mehr als aufgewogen. Gewiss hatte es auch damit zu tun, dass die anderen selbst nicht mehr ganz jung sind und erste gesundheitliche Rückschläge erlebt haben. Aber nicht nur. Sie haben eine wunderbare Kultur des Aufeinander zu Gehens.

Überhaupt: Es war ein schönes Erlebnis, ich lächle rückblickend, bin allen sehr dankbar, für alles! Und ich hoffe, dass ich auch gute Gesellschaft war.

11 Gedanken zu „Schwerhörig mit fünf Leuten essen gehen“

    1. Ja, nicht? Wobei ich oft denke, dass ich sehr viel Glück habe, dass ich auch mal einfach sagen kann: Ich gehe da nicht hin. Was bin ich früher ausgegangen, nicht aus Freude am Ausgehen (oder nur zum Teil), sondern vor allem, um jemanden zu finden, der mir sagte, dass ich existiere. Zum Glück stehe ich etwas fester im Leben in den letzten Jahren!

  1. Ich bin auf einem Ohr taub und kenne das Problem ein wenig. Je älter ich werde, desto egoistischer werde ich aber auch: ich schaue, dass ich den akustisch optimalen Platz bekomme, ich reserviere und verlange „den ruhigsten Tisch“, und wenn es zu mühsam ist, bin ich halt relativ rasch wieder draussen. Die Zeiten, in denen ich mich durch die halbe Nacht quälte, ständig zusammenpuzzelnd, was wohl gesagt worden sein könnte, sind vorbei.
    Umso schöner sind solche gelungene Abende, wie du einen hattest!

    1. Du verlangst beim Reservieren den ruhigsten Tisch! Das finde ich super! Ich reserviere selten Tische (kann nur mit Mühe telefonieren), aber ich merke mir das, vielleicht gibt es mal eine Situation, wo mir das unbedingt einfallen sollte. 🙂

      1. Man kann online fast immer schriftlich reservieren, und da trage ich meinen Wunsch dann im Feld „Bemerkungen“ ein ;). Meistens bringt es tatsächlich etwas!

    1. Danke, Menachem! Dass manchmal mehr geht als ich denke, muss ich immer im Kopf behalten, um mich nicht selbst auf Vorrat abzuschotten!

  2. Obwoh ich „offiziell“ (nach Aussagen meiner Ohrenärztin) ein sehr gutes Gehör habe – ich bin früher nie ins Diskos gegangen -, habe ich große Schwierigkeiten, in einem vollen Restaurant Leute zu verstehen, die am selben Tisch sitzen wie ich. Ich fand diese Feiern, Jubiläen etc. mit Arbeitskollegen immer SCHRECKLICH, weil ich kaum ein Wort verstand. Ich empfand immer alles als großes Gemurmel, vor allem, weil nicht EINER AM TISCH sprach, sondern sowohl links als auch rechts von mir geredet wurde – und dann auch noch die Hintergrundgeräusche von anderen Gästen.

    1. Lieber Rabi, dass man ab einem gewissen Alter mit einer grösseren Gruppe im Restaurant gehörmässig nicht mehr so gut zurechtkommt, erzählen mir alle gut Hörenden, mit denen ich rede. Du bist also nicht allein mit diesem Problem. Feiern mit Arbeitskollegen können ja noch aus vielen anderen Gründen schwierig sein als nur aus akustischen. Bei uns gibt es zu meinem Glück oft lediglich Stehaperos, man kann kommen und gehen wie man will. Noch eine allgemeine Bemerkung zur Sache mit der Disco: Es stimmt, dass laute Musik gehörschädigend sein kann. Junge Leute unterschätzen das leider oft. Aber nicht bei allen, die Gehörprobleme haben, ist laute Musik die Ursache.

  3. Das Hörproblem, von dem ich sprach, lag daran, dass alle GLEICHZEITIG reden. Du hast das schon richtig erkannt: „nicht nur akustische Gründe“.
    Ist dir schon mal aufgefallen, dass bei einem Film immer nur EINER zur gleichen Zeit spricht? Bei (politischen) Fernsehdiskussionen fallen sich dagegen Menschen oftmals einander ins Wort. Es reden mehrere gleichzeitig, und der Zuschauer versteht gar nichts mehr.

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