Wegen des Zoll-Wahnsinns von Donald Trump sollten wir jetzt keine Waren aus den USA mehr kaufen, heisst es. Bislang erschien mir das einfach. Ich wollte nie einen Harley Davidson, beim Whisky bevorzugen wir – wenn überhaupt – Marken aus den schottischen Highlands und Levi’s Jeans haben eh noch nie zu meinen Kurven gepasst. Vielleicht bestelle ich sogar Netflix ab, dachte ich, und X sollte ich mir sowieso endlich abgewöhnen.
Aber jetzt lese ich, „James“, den überwältigenden Roman des US-Autors Percival Everett. Er erzählt die Geschichte von Huckleberry Finn’s Mississippi-Reise aus der Sicht seines Schwarzen Begleiters Jim – pardon, James. Dieser ist ein entflohener Sklave und schildert eindrücklich, wie er und seine Leidensgenossen schon als Kinder lernen, sich auch sprachlich kleinmachen, um zu überleben. Sklaverei ist gewiss die entsetzlichste Form von Ungleichheit. Aber was Jim da erzählt, ist teils auch auf andere Machtverhältnisse anwendbar. Und: Der Roman ist auf bitterböse Art lustig.
Nein, auf Romane aus den USA will ich nicht verzichten, denke ich. Romanautorinnen und -autoren sind ja auch so selten Republikaner, denke ich. Wir müssen doch die Meinungsvielfalt ennet dem Atlantik aufrechterhalten helfen, denke ich. Ich will nach „James“ auch Mark Twain’s „Abenteuer von Huckleberry Finn“ wieder mal lesen. Dieses Buch werde ich mir aber doch in der Bibliothek besorgen. Und danach werden wir dann sehen, wie teuer uns die Förderung der US-Meinungsvielfalt zu stehen kommt.
Recht hast du! Warum sollen wir nun ganze Kulturen oder Waren eines Landes boykottieren, nur weil ein paar – ich weiss gar nicht, wie ich sie nennen soll: Hirnverbrannten, Verrückten, letzten Patriarchen? – finden, sie müssen nun die Welt nach ihren grotesken Vorstellungen umbauen. Das wäre ja Gleiches mit Gleichem vergolten. Und das kann nicht richtig sein.
Dass man Tesla meidet, X verlässt, sich nicht auf Kryptos stürzt oder nach Mar-o-Lago Golf spielen geht – geschenkt! Aber doch nicht ganze Bevölkerungen und ihre Kultur wegen der paar Grössenwahnsinnigen boykottieren. Man muss dem Wahnsinn etwas entgegenhalten, welches das Gegenteil von Wahnsinn ist. Zum Beispiel Solidarität, Verbundenheit. Warum nicht so etwas wie Liebe?
Liebe würde mir im Moment etwas schwerfallen. Aber dem Schriftsteller Percival Everett bin ich ausserordentlich dankbar, dass er die Geschichte des Romanhelden und Sklaven James auf so ansprechende Weise herausgearbeitet hat. Er kämpft sehr gekonnt und mit grosser Kraft gegen dieselben Kräfte wie wir: jene, die denken, dass sie qua ihrer Hautfarbe oder Herkunft höhere Ansprüche haben dürfen als andere.
In einem anderen Thread hast mich – zu Recht – gemahnt, über heiterere Themen als über Politik zu schreiben.
Ich mache auch immer den Fehler (!!??), Nachrichten zu schauen und dabei den noch größeren Fehler (!!!!), mich dann auch noch aufzuregen.
Dabei weiß ich, dass es auch anders geht: Jedesmal wenn ich meine Schwester für einige Tage besucht, wird überhaupt keine Nachrichten geguckt – da könnte die Welt untergehen, und wir würden es nicht mitkriegen.
Und dabei geht es uns gut! Weil: von 99,9 % aller Geschehnisse auf der Welt ist man selber sowieso nicht direkt betroffen.
Einzige Ausnahme war Corona: Da haben die im Fernsehen gesagt, dass es in Supermarkt-Regalen kein Klopapier gibt – und ich gehe in den Laden bei mir um die Ecke, und tatsächlich: die Regale waren leer.
Aber ansonsten: wenn einem der Whiskey (mit e) zu teuer ist, dann kauft man eben Whisky (ohne e), so wie du es ja schon geschrieben hast.
🙂 Ja, nachrichtenfreie Zeiten sind etwas schönes.