Äinen eläi glaubt’s ned!
Standarddeutsch: „Einer allein glaubt es nicht!“ Im Sinne von: Es ist derart absurd oder gestört, dass einer allein dafür nicht genügend Fassungsvermögen hat.
Eine Redensart, die ich von einer Berner Freundin an der Uni habe. Ich brauchte sie für alle erdenklichen Manifestationen des alltäglichen Wahnsinns. Beispiele: Beim Ferienjob auf dem Briefversand hatte der Chef mich für eine Spät- und eine Frühschicht gleich hintereinander eingetragen. Dazwischen: nur vier Stunden Pause! „Äinen elei glaubt’s ned!“ rief ich kopfschüttelnd und ging zum Chef.
Oder: Die Bürokratin vom Rektorat hatte gerade eine Zahlung gefordert, die ich für ungerechtfertigt hielt. „Äinen elei glaubt’s ned!“ erzählte ich empört Kollegin Rosi, machte zähneknirschend die Zahlung und erhielt Ende Jahr korrekt das Geld zurück.
Oder: Der Zug stand eine halbe Stunde bewegungslos auf der Brücke von Aarburg, ohne Durchsage, ohne Erklärung, ich verpasste in Olten mit 150 anderen den Anschluss. „Äinen elei glaubt’s ned!“ rief ich aus, als ich meinem über meine Verspätung verärgerten Liebsten Konrad die Sachlage schilderte. Das reichte, um ihn zu beschwichtigen.
Wie niedlich waren damals doch unsere Fassungslosigkeiten!
Diese Redensart – und vor allem die Erklärung dazu – finde ich amüsant / lustig, auch wenn man sie eher in wenig amüsanten Situationen verwendet.
Witzig finde ich die Erklärung aus dem Grunde, weil sie suggeriert, dass das Unvorstellbare dann passt, wenn jeder ein kleines Stückchen davon in seinen Kopf steckt. Nach dem Motto: wenn viele sich den Unsinn teilen, dann ergibt es Sinn.
Oder habe ich da etwas falsch interpretiert?
Ja, ziemlich genau so habe ich mir das auch immer vorgestellt: Der Unglaube füllt einen wie eine grünliche Flüssigkeit bis zuoberst. Was überquillt, muss man in einem Eimer auf einem Leiterwagen hinter sich herziehen. Wenn wir jemanden findet, der noch etwas Platz hat für diese Flüssigkeit, dann geben wir sie weiter. Mit der Zeit verschwindet sie dann und alle sind erleichtert.