Verdammtnochmal!!!

Mittlerweile verbringe ich mehr Zeit mit dem Versuch, mich auf mein WordPress-Kommentar-Konto einzuloggen als mit Bloggen selber. Das ärgert mich dermassen, dass ich im Moment üüüberhaupt keine Lust habe, von twoday nach WordPress umzuziehen. Jawohl!

Und, ja, ich war auch geschockt wegen Donald Trump. Aber lamentieren hilft nix – jetzt können wir nur abwarten, was kommt.

Das neue Café

Sonntagnachmittag. Der pedestrian und ich haben wieder einmal die gigantischen Baustellen am Seetalplatz besichtigt. Jetzt stehen wir beim Bahnhof Emmenbrücke und hoffen, in der Nähe einen guten Kaffee zu bekommen. Allzu zuversichtlich sind wir nicht. Cafés sind lange Zeit nicht so die Stärke von downtown Emmenbrücke gewesen. Es gibt in der Gegend bloss eine hohe Dichte von Kebab-Lokalen und ein paar Büezer-Beizen. Und eine Tierfutterfabrik.

Aber jetzt hat sich etwas getan: Gleich vis à vis vom Bahnhof leuchten die Neonfarben eines Cafés. Sieht aus wie ein Kaffeehaus für ältere Damen, mit Nussgipfeln auf den Tischen und so. „Caffe Mlinar“ heisst es – ein merkwürdiger Name, denke ich. Aber interessant.


(Quelle: zentralplus.ch)

Wenig später sitzten wir im rappelvollen Lokal. Es ist tatsächlich ein Kaffeehaus. Aber ohne Nussgipfel – in den Körbchen liegen Böreks und andere Produkte aus Filo-Teig. Hier sitzen Alt und Jung, die Stimmung ist fröhlich. Ich finde es so spannend, dass ich für eine halbe Stunde glatt an meinen Ohren zu leiden vergesse. Und der Kaffee ist intensiv, ganz wie er mir mundet.

Emmenbrücke beginnt sich zu verändern. Es ist immer noch ein Moloch aus Fabriken, Verkehr und billigen Wohnungen. Hier leben immer noch die Büezer und die Migranten, aus Sri Lanka und Bosnien, aus Kosovo, Kroatien und der Türkei, aus Äthiopien und Eritrea. Nur auf den Hügeln drängen sich Einfamilienhäuschen, die den hiesigen Lehrern und ein paar Bauunternehmern gehören. Im neuen Café scheinen alle einen Treffpunkt gefunden zu haben. Und wenige Schritte weiter entsteht ein neues Stadtquartier.

Zu Hause google ich ein bisschen und stelle fest: Das Caffe Mlinar hiesse zu Deutsch Café Müller und gehört zu einer kroatischen Kaffeehauskette. Und es hat eine aussergewöhnliche Geschichte, bei der ein lokaler Spitzenfussballer eine wichtige Rolle spielt.

Besoffen

Normalerweise rettet mich Herr T. Wenn ich nicht mehr allein gehen kann, rufe ich ihn an. Dann holt er mich ab. Aber Herr T. ist auf Reisen. Ich muss mich diesmal selber retten. Herr Menière hat mir eben von hinten einen Stoss verpasst. Ich schaffte es, gegen das Mäuerchen am Wegrand zu torkeln. So bin ich wenigstens nicht der Länge nach auf den Asphalt geknallt. Ich stehe, aber vor mir dreht sich alles. Eine Drop Attack – auch Tumarkin-Anfall genannt.

Weit und breit keine Busstation, nicht einmal eine Strasse, sonst könnte ich’s mit einem Taxi versuchen. Ich schlucke ein Motilium gegen den Brechreiz und kämpfe mich den Hügel hoch, heimwärts, hangle mich von Mäuerchen zu Lattenzaun zu Treppengeländer. Wenn Leute kommen, bleibe ich diskret stehen. Ich will nicht, dass sie denken, ich hätte 2,4 Promille intus.

Ich schaffe es auf den Hügel hinauf, aber ich muss auch noch auf der anderen Seite hinunter. Und hinunter ist schwierig. Hinunter fühlt sich an wie freier Fall. Als drei Personen kommen, weiss ich: Ich muss jemanden um Hilfe bitten. Es sind zwei ältere Damen und ein junger Freak mit gedrehten Locken und einem Hund.

Ich wähle den Freak – die alten Damen sehen mir zu proper aus, propere Leute betrachten eine Krankheit oft als moralisches Versagen. Ausserdem ist schwer einzuschätzen, wie gut sie selber zu Fuss sind. Der junge Mann aber sieht schon von hinten aus, als ob er wüsste: Der Mensch ist manchmal Kräften ausgesetzt, für die er nichts kann. Ich rufe nach ihm.

Er reagiert sofort und lässt mich seinen Arm nehmen. Das reicht schon. Jetzt kann es abwärts gehen.

Mein Gott, wie er nach Alkohol riecht!

Aber er erweist sich als genau das, was ich gebraucht habe: Standfest und kein bisschen neugierig. Er macht ein paar Witzchen und erzählt, wie er sich bei einem Sturz über ein Mäuerchen die Fussknochen zersplittert hat – und dass diese Art Schwindel kennt. Er hätte die Kurve auch schon nicht gekriegt.

Er führt mich noch schnell vor meine Haustür, obwohl das gar nicht an seinem Weg liegt und ihm sein Fuss wehtut.

Vor meiner Haustür schüttle ich ihm dankend die Hand und schaue ihm zum ersten Mal in die Augen. „Kann ich etwas für Sie tun?“ frage ich und denke: Gleich wird er mich um Geld bitten. Aber er schaut mich nur an und schüttelt den Kopf. Er hat etwas merkwürdig Totes in den Augen.

Selbstverständlich

Beim Einkaufen im Coop muss ich mich mal kurz an dem Gestell mit den Duschgel-Aktionen festhalten. Mein Gleichgewichtssin spinnt wieder. Nur wenn ich mich irgendwo festhalten kann, fühle ich mich sicher. Ich versuche, nicht aufzufallen. Ich beobachte die Kundinnen, die an mir vorbeihasten. Wie sicher sie die Kurven nehmen! Mit welch tänzerischer Leichtigkeit sie sich drehen und wenden! Beneidenswert. Sie sehen dabei ein bisschen arrogant aus, finde ich. Wie Töchter aus gutem Hause, die Gewissheit haben, dass die Dinge ihnen ganz selbstverständlich zustehen.

Düster, düster

Die Weltlage ist ungemütlich, auch in unserem kleinen Europa. Seit der Brexit-Abstimmung ist der Zerfall der Europäischen Union in den Bereich des Möglichen gerückt. Der Klimawandel schickt schon mal seine Regenfluten voraus. Und wenn man gewissen Experten glauben will, hat die so genannte Flüchtlingskrise eben erst begonnen.

Früher, denken, früher war alles besser. Wir hatten Gewissheiten: Die EU wird weiter wachsen. Wir werden immer einen Job haben (wenn wir uns nicht zu blöd anstellen), und für unsere Kinder wird alles gut. Und das mit dem Klimawandel: Naja, das sagt man uns seit dreissig Jahren. Aber wir wären ja blöd gewesen, wenn wir deswegen auf’s Fliegen verzichtet hätten. Alle anderen haben das schliesslich auch nicht getan.

Ja, eben. Dieses Horrorszenario kennen wir seit zwanzig Jahren. Überhaupt gab es eigentlich immer jede Menge Schrecknisse am Horizont. Wer sich nicht daran erinnert, verklärt die Vergangenheit. Meine Mutter hat einmal gesagt: „Als du zwei Jahre alt warst, hatten wir den Sechstagekrieg. Wir hatten schon Angst, dass daraus ein Weltkrieg wird. Und du warst doch noch so klein.“ Meine Mutter war nicht mit der Gewissheit geboren, dass es nie wieder Krieg geben wird. Sie hat Jahrgang 1942. Aber wer erinnert sich hier in der Gegend heute noch an den Sechstagekrieg?

Bis zu meinem 24. Lebensjahr war sowieso Kalter Krieg mit allem, dazugehörte: Atombomben, Stellvertreterkriege in Vietnam und Afghanistan, dem bösen Kommunismus. Wer damals in die Kristallkugel blickte, sah nichts als Tod, Zerstörung und Knechtschaft.

Als ich 16 war, kam die Horrorvision vom Waldsterben. Ich erinnere mich noch gut, wie ich als junges Mädchen in unserer Gegend durch den Wald fuhr und die Abgas-Schäden zu sehen versuchte.

Als junge Menschen liebten wir es, nach ein paar Gläschen Wein richtige Horrorszenarien auszumalen. Eines Abends im Jahre 1991 sassen wir in einem Industrievorort meiner Stadt. Wir begannen aufzuzählen, welche Fabriken verkauft worden waren, welche Leute entlassen hatten und welche demnächst schliessen würden. Es drohte Massenarbeitslosigkeit. Wie sollte das herauskommen? Was würde aus all diesen Leuten werden?

Aber die entlassenen Büezer fanden irgendwo wieder Arbeit. Gegen das Waldsterben erfand man den Katalysator. Und der Kommunismus brach eines Tages einfach in sich zusammen.

Ich will nicht sagen, dass wir diesmal auch so glimpflich davonkommen. Ich sage nur: Früher gab es auch Horrorszenarien. Nicht alle sind Realität geworden.

Mein Beitrag zum siebten Wort von Dominik Leitners famosem Projekt *txt. Das Wort heisst „verklären“.

Mein Wäschekorb, mein Brotmesser

Mein Erwachsenenleben begann mit genau zwei Anschaffungen: einem Brotmesser und einem Wäschekorb. Beide Gegenstände erinnern mich heute noch daran, wie knapp ich damals die Kurve gekriegt habe.

Ich war 21, hatte eben ein Studium an der Uni begonnen und war in eine fremde Stadt gezogen. Ich wohnte zur Untermiete bei einem Kumpel. Der Kumpel hatte kein Brotesser. Und ohne Brotmesser, gopfriedstutznochmal, ohne Brotmesser kann die Enkelin eines Bäckers nicht leben, sagte ich. Also kaufte ich eins. Sonst jedoch fügte ich Kumpels wenigen Besitztümern kaum etwas hinzu. Auch nicht in meinem möblierten Zimmer, in dem ein fremder Schreibtisch stand und ein fremdes Büchergestell und ein fremdes Bett – und mein eigener Wäschekorb, dessen Anblick wahrhaftig meine Seele wärmte, wenn auch nicht hinreichend.

Sagt unsere Wohnungseinsrichtung etwas über den Zustand unserer Seele? Wahrscheinlich schon. Aber wer kann die Zeichen richtig lesen?

Ich frönte der Kargheit. Ich hatte wenig Geld, aber daran allein lag es nicht. All den Krimskrams meiner Mädchenjahre, meine Bücher, meine Bilder hatte ich bei meinen Eltern zurückgelassen. Dass ich dort quasi fluchtartig auszog, fühlte sich an wie ein Racheakt – auch wenn ich nicht genau wusste, wofür. Ich liess mir sogar die Haare schneiden, meine dichten, lockigen Haare. All diese Äusserlichkeiten, ich brauche sie nicht. Ich war Asketin. Ich war nackt und neu auf dem Planeten. Ich würde mich selber erfinden.

Zuerst ging alles gut. Ich blickte aus neunten Stock von Kumpels Wohnsilo hinaus in die grauen Novembertage. Ich schwelgte im Lesen, ich schrieb. Aber immer öfter begannen die Novembertage in mich hineinzublicken. Und dann die Dezembertage. Ich war oft allein. Vier Seminare und vier Vorlesungen die Woche – sie vermochten mein Bedürfnis nach Gesellschaft nicht zu stillen. Die Einsamkeit nahm mich in ihren Würgegriff. Ich glaubte, wahnsinnig zu werden. Ich blickte vom neunten Stock in die Tiefe und spürte unten, im Sandkasten, ihren Sog. Ich konnte mit niemandem darüber sprechen. Es war unaussprechlich. Das ging über Monate so. Oft konnte ich mich nur mit Mühe auf meine Bücher konzentrieren.

Im Februar flüchtete ich in eine Liebe, die nicht in meinen Lebensplan passte. Egal. Der Mann war wunderbar. Und hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Der Plan – zweitrangig.

Später zog ich um. Allmählich begann sich mein Zimmer mit Habseligkeiten zu füllen. Die Angstzustände wurden seltener und kürzer. Hätte mein Leben eine andere Richtung genommen, wenn ich meine Wohnung von Anfang an anders eingerichtet hätte? Keine Ahnung. Egal. Es ist doch alles gut herausgekommen, denke ich heute.

Dies ist ein Beitrag zum famosen Projekt *txt von Dominik Leitner. Das fünfte Wort lautet Habseligkeiten.

Darf man Trübsal blasen?

Soll man in seinem Blog Trübsal blasen? Soll man über seine Schwerhörigkeit, seine Schwindelanfälle, seine Depressionen, seine Krampfadern, seine Schwierigkeiten mit dem Arbeitsamt bloggen? „So etwas will doch kein Mensch lesen!“ sagen Bekannte von mir – typischerweise solche, die meinen Blog nicht lesen. Sonst wären sie wohl zu höflich, um so etwas zu sagen. Aber sie sind Vertreter der Haltung: Man soll andere nicht mit seinem Elend herunterziehen. Oder: Man zeigt anderen besser nicht, wie schwach man ist. Oder: Über so etwas zu schreiben, das ist Befindlichkeitsprosa – wobei Befindlichkeitsprosa ein Schimpfwort ist. Ich weiss aber nicht genau, warum.

Wenn ich über diese Frage nachdenke, dann fällt mir immer eugene faust ein. Sie war eine ideenreiche Bloggerin, witzig, verspielt. Ich las sie gerne, aber unaufmerksam, konnte sie nicht recht einordnen. Erst kurz vor ihrem Tod 2013 schrieb sie ihre Autobiorafie. Die las ich wie gebannt, und erst ab da wusste ich mit Sicherheit, dass sie Multiple Sklerose hatte. Plötzlich begriff ich ihre Blogbeiträge als die Flaschenpost, die sie auswarf, um am Leben teilzuhaben. Hätte ich es früher gewusst, so hätte ich mich ihr verbundener gefühlt. Für mich als Menière-Patientin war und ist das Internet auch in mehreren Hinsichten die beste Art, mit Menschen in Kontakt zu bleiben. Das heisst ja nicht, dass man zu jener oft belächelten Spezies gehört, die keine anderen Freunde hat. Ich fühlte mich um etwas Wichtiges über Eugene Faust betrogen.

Heute verstehe ich, dass sie wohl gute Gründe für dieses Vorgehen gehabt hat. Dennoch werde ich weiterhin den Weg der Offenheit gehen. Ich werde – nicht nur, aber auch – über meine Krankheit schreiben:

– Weil ich glaube, mit der Sprache das Elend nicht nur beschwören, sondern auch bewältigen zu können
– Weil das hier mein Weblog ist – und ich verstehe ihn als öffentliches Tagebuch (ein im Moment zu sporadisch geführtes Tagebuch, zugegeben).
– Weil andere wissen sollen, dass sie mit ihrer Menière-Erkrankung nicht allein sind
– Weil endlich ein paar Ärzte merken sollten, dass man dieser Krankheit mehr Aufmerksamkeit widmen sollte

Falls ich auf dem Holzweg bin, erhebt bitte Einspruch!

Dies ist mein Beitrag zu Dominik Leitners grossartigem Projekt *txt. Das vierte Wort lautete: „trüb“.

Bergsteigen verboten


Der Pilatus bei Luzern. Heute ist er eine gut besuchte Tourismus-Destination. Aber das war nicht immer so.

637861 Besucher beförderten die Pilatusbahnen 2014. Wie viele dieser Fahrgäste ganz auf den Berg hinauf fuhren, weiss ich nicht. Aber ich weiss: An einem sonnigen Tag herrscht dort oben ziemlich Betrieb. Asiatische Touristen, einheimische Wanderfreunde, der obligate Alphornbläser, Familienausflügler – und die meisten ersteigen auch die höchste Stelle des Berges – den Esel (2182 müM).

Heute nennen ihn manche Luzerner bieder unseren Hausberg. Aber unsere Vorfahren mochten ihn nicht. Im Mittelalter verbot der Stadtrat sogar, ihn zu besteigen. Und das wurde auch geahndet: Als 1387 sechs Geistliche hinaufkraxelten, warf man sie danach ins Gefängnis.

Warum? Nun, im Mittelalter war diese Beschäftigung ohnehin suspekt, sogar subversiv. Als der Dichter Petrarca anno 1336 auf den Mont Ventoux stieg, war das ein Wendepunkt in der Kulturgeschichte. Petrarca ging da hinauf, um selber zu sehen. Er machte eine Entdeckungsreise. So etwas wurde damals von der Obrigkeit nicht ermutigt. Wer würde noch glauben, was irgendein Pfaffe sagte, wenn er jederzeit selber hingehen und sich ein Bild machen konnte?

Beim Pilatus begründete man das Verbot mit einer gruseligen Geschichte. Es hiess, dort oben liege die Leiche von Pontius Pilatus – jenes römischen Statthalters also, der Jesus einst ans Kreuz geliefert hatte. Den Magistraten hatte danach Gewissenspein geplagt, und er fand auch im Tod keine Ruhe. Er wurde ein bösartiges Gespenst. Wo man ihn auch begrub, er brachte Pest und Cholera und Unwetter. Also suchte man für ihn ein abgelegenes Plätzchen – fand den fraktus mons und warf die Leiche des Pontius dort in einen kleinen See. Doch auch hier soll er keine Ruhe gegeben haben. Wenn naseweise Leute auf den Berg stiegen und Steine in den Tümpel warfen, geriet seine arme Seele wieder in Aufruhr – er schickte Blitz und Donner und liess die Bäche über die Ufer treten.

Alte Sage oder Erfindung der Luzerner Obrigkeit? Möglicherweise letzteres. Erst gegen 1600 glaubte auch der Luzerner Stadtrat nicht mehr an den Hokuspokus mit dem Pilatusseeli. Die Ironie daran ist: Heute locken die Pilatusbahnen ausgerechnet mit dieser Story (hier Reisende aus aller Welt auf den Berg.

Das ist mein Beitrag zu Dominik Leitners wunderbarem Projekt *txt. Das zweite Wort in diesem Jahr lautete „Berg“.

Elf Fragen

In hohem Bogen hat mir frau tikerscherk aus Berlin ein Stöckchen zugeworfen. Es flog geraume Zeit, dann habe ich es aufgefangen und eine Weile freudig daran herumgenagt. Hübsches Stöckchen! Vielen Dank, Frau Tikerscherk!

Ich werfe vier Stöckchen – je an katiza (obwohl ich mich zunächst nicht traute, es ihr zuzuwerfen – ich bin ihr selber noch eins schwach), die Testsiegerin, la-mamma, Herrn Steppenhund und an den Herrn T. Meine Fragen dann unten.

Eine Abenteuerreise wartet auf Sie. Was wäre für Sie das absolute Abenteuer?

Noch vor wenigen Tagen träumte ich davon, meinen vierten Roman zu schreiben. Was für andere Klettern am Kilimandscharo, meditieren im tibetischen Kloster oder Paris-Roubaix ist, ist für mich das Schreiben von Romanen. Jetzt aber muss ich zuerst meine Instagram-Sucht besiegen, bevor ich damit anfangen kann.

Sie dürften bestimmen, wer eine Spende von 10000 € bekommt. Wer wäre das und warum?

Ganz gewiss eine gute Hilfsorganisation, die den Syrien-Flüchtlingen in der Türkei, in Jordanien und im Libanon vor dem Hunger bewahrt. Weil ich dort gereist bin. Weil mir nahe geht, was dort passiert.

Für einen Tag dürften Sie in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Von wem wüssten sie gerne, wie sich sein Leben anfühlt?

Ich würde mit meiner Kollegin Wanda tauschen – weil ich nicht verstehe, warum sie ihre Internet-Dating-Probleme nicht lösen kann und ihr helfen möchte (wenn jemandem beim Internet-Dating überhaupt zu helfen ist). Die Bedingung wäre: Sie muss einen Tag in meine Haut schlüpfen. Damit mal jemand anderes sich einen Tag lang meinen Tinnitus anhören muss.

Und welches Tier wären Sie gerne, wenn das möglich wäre?

Ein Delfin – denn wie sagte Douglas Adams: Sie haben unglaublich viel Spass. Sie sind die intelligentesten Tiere, die es gibt. Und Douglas Adams ist in solchen Fragen eine hohe Autorität. Laut Adams wissen Delfine auch die Antwort auf die Frage, was das alles soll (die Welt, das Leben etc.). Sie lautet „4“. Oder war es „42“ – Na, egal, wenn ich ein Delfin wäre, wüsste ich es. Und: Sie wissen, wann man sich absetzen muss. (Hier alles über Delfine).

Hat schon mal ein Traum Ihr Leben beeinflusst?

In diesen Nächten träume ich lebhaft, hänge in Kneipen herum und habe ganz allgemein viel Spass. Das ändert nichts an meinem Wachleben. Aber es hilft, wenn ich mich tagsüber zuweilen etwas isoliert fühle.

Lieblingsbücher liest man gerne mehrfach. Welches haben Sie am häufigsten gelesen?

­Soll ich die gebüldete Antwort geben? Dann wäre es die „Blechtrommel“ von Günter Grass. Wegen dieses Buchs habe ich sogar Germanistik studiert (was vielleicht nicht die beste Entscheidung in meinem Leben war, aber schön war’s trotzdem). Aber vielleicht war es auch „One Day“ von David Nicholls – weil eine hinreissende Liebesgeschichte. So geweint!

Wenn Sie in ein anderes Land fliehen müssten, dessen Sprache sie nicht sprächen und wo Ihre Berufsausbildung nicht anerkannt würde, mit welchen Fähigkeiten könnten Sie sich den Lebensunterhalt verdienen?

Hmm … mein Leben ist schon sehr sprachlastig, fürchte ich. Salat pikieren kann ich. Auch Tabak pflücken. Wenn die Schrift dieselbe wäre: Briefe sortieren. In einem Bibliotheksmagazin Bücher versorgen. Kleinen Kindern ihre Nöte und Freuden von den Augen ablesen.

Verraten Sie uns ihr Lieblingskuchenrezept?

Da müssten Sie den Herrn Kulturflaneur fragen – der kocht und backt das meiste, was ich gerne esse. Auch die Spinattorte mit Pinienkernen, die ich so heiss liebe.

Unter Ihrem Balkon soll jemand ein Ständchen singen. Sie dürfen sich Sänger und Lied wünschen. Also, wen und was wünschen Sie sich?

Puh … ich passe. Ich darf das – ich würde ihn eh nicht hören.

Auf welche fünf Lebensmittel können Sie nicht verzichten?

Kaffee, Käse, Kirschen, Kartoffeln – und, ja, Schokolade.

Die Elf ist die Zahl des Narren. Wenn Sie sich denn verkleiden würden, als was würden Sie zum Karneval gehen?

Als auffallend unauffälliger Herr im Trenchcoat – unter dem Hut lugt eine lange, neugierige Nase hervor – vielleicht bin ich vom NSA, vielleicht vom Staatsschutz, kommt ganz auf die jeweilige Aktualität an.

– Eine Abenteuerreise wartet auf Sie. Was wäre für Sie das absolute Abenteuer?
– Wie halten Sie es mit Geld: Ausgeben oder horten? Opulent oder asketisch?
– Sie dürften bestimmen, wer eine Spende von 10000 € bekommt. Wer wäre das und warum?
– Für einen Tag dürften Sie in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Von wem wüssten sie gerne, wie sich sein Leben anfühlt?
– Und welches Tier wären Sie gerne, wenn das möglich wäre?
– Hat schon mal ein Traum Ihr Leben beeinflusst?
– Lieblingsbücher liest man gerne mehrfach. Welches haben Sie am häufigsten gelesen?
­- Wenn Sie in ein anderes Land fliehen müssten, dessen Sprache sie nicht sprächen und wo Ihre Berufsausbildung nicht anerkannt würde, mit welchen Fähigkeiten könnten Sie sich den Lebensunterhalt verdienen?
– Welcher Song müsste an Ihrer Beerdigung gespielt werden?
– Auf welche fünf Lebensmittel können Sie nicht verzichten?
– Die Elf ist die Zahl des Narren. Wenn Sie sich denn verkleiden würden, als was würden Sie zum Karneval gehen?

Die neue Sucht


Mein bisher erfolgreichstes Bild auf Instagram

Vor einigen Monaten eignete sich Herr T. eine merkwürdige Gewohnheit an. Schon früh morgens lag er im Bett und starrte auf sein Handy. „Was machst Du denn?!“ fragte ich. „Instagram“, antwortete er einsilbig. Eine Zeitlang versuchte er mich für die Bildchenfluten zu begeistern, die über sein Handy flackerten. Aber ich lächelte nur – zunächst liebevoll desinteressiert. Später wurde mein Lächeln etwas gereizt. Ich bemerkte, dass er abends wegen Instagram sogar unseren Lieblingskrimi, den Bestatter, verschmähte. Und dass man ihm in den Skiferien gut zureden musste, damit er endlich das Handy wegsteckte und sich auf die Piste machte.

Am letzten Samstag bekam ich selber ein neues Handy. Ich muss hier anmerken, dass mich Handys bislang wenig interessiert haben. Für SMS unentbehrlich – aber sonst?! Nö, nicht nötig. Doch jetzt bekam ich ein richtig schönes Teil – und Herr T. installierte mir einen tauglichen Internet-Zugang und ein paar Apps. „Soll ich Dir Instagram installieren?“ fragte er. Ich schüttelte den Kopf.

Aber ich mochte das Handy. Die psychedelischen Farben auf dem Display. Das Format. Ich streichelte es oft. Am Montagmorgen machte ich mein erstes Bild damit.


Die Wildnis auf meinem Arbeitsweg

Am Mittag schaute ich das Bild nochmals an. Und dann wieder. Noch nie hatte ein Medium das glücksverheissende Leuchten an einem blassblauen Vorfrühlingshimmel so gut wiedergegeben. Schien mir. Kann man so einem Handy-Bildschirm süchtig machende Farbpixel mitgeben? Am Montagabend installierte Herr T. Instagram für mich.

Schon am Dienstagmorgen sah ich die Welt in quadratischen Bildausschnitten. Am Dienstagabend lud ich mein drittes Bildchen hoch. Und dann musste ich anderer Leute Bildchen anschauen. Viele. Ständig. Sie wirbeln an meinen Augen vorbei und fiepen vielstimmig auf mich ein – in einer Grammatik, die ich noch nicht wirklich verstehe. Herr T. sass neben mir schaute gelassen den Bestatter.

„Sag mal, wie bist Du eigentlich diese Instagram-Sucht wieder losgeworden?“ fragte ich. Herr T. lächelte: „Ich habe sie einfach weitergegeben.“