chnorze (V)
Seit Montag haben wir im Geschäft neue Laptops und lauter neue Programme. Für uns alle fallen sämtliche Gewissheiten weg, die man bei der täglichen Arbeit so hat. Liefern müssen wir trotzdem. Ich zum Beispiel kam am Morgen ins Büro und startete den neuen Laptop. Kein Internet. Ich chnorzte mit den Tasten, rief um Hilfe, jemand kam und chnorzte mit Tasten und Kabeln. Dann hatte ich Internet und schickte dem Chef eine Nachricht, ich sei nun bereit. Er wollte mir telefonisch das Nötigste zeigen. Telefonisch! Mein Bluetooth-Hilfsmittel zum Telefonieren war aber noch nicht gekoppelt! Ich chnorzte mit Knöpfen und der Maus, dann chnorzte jemand mit mir. Dann konnte ich endlich den Chef anrufen. Aber wie mache ich jetzt meinen Bildschirm für ihn sichtbar? Irgendwann ging auch das und so chnorzten mein Chef und ich an meinen ersten Arbeitsschritten. Ich chnorzte dann den ganzen Tag, am Dienstag auch und auch gestern.
Gestern Nachmittag klagte mir eine junge Kollegin in einer Message, dass sie den Zugang zu einem bestimmten Programm immer noch nicht habe. Ich antwortete: «Sei geduldig. Wir chnorzen alle.»
So hat das Verb «chnorze» seine Bedeutung geändert. Früher chnorzten wir bei der Handarbeit, etwa wenn der Faden nicht durchs Nadelöhr und die Nadel nicht durch den dicken Saum ging. Oder wir chnorzten im Garten, wenn im Herbst die Wurzel der grossen Tomatenstaude partout nicht aus dem Boden gerissen werden will. «S’Gchnorz» war sichtbar und machte mitunter auch die Hände schwielig. Jetzt chnorzen wir virtuell, dabei haben wir uns vielleicht erhofft, dass wir nie wieder «müend chnorze».
Aber ohne Kampf gegen den Widerstand der Materie geht es wohl nicht, und deshalb haben wir hierzulande für das Verb «chnorze» zahlreiche Synonyme, zum Beispiel: «morxe», «chnuuschte» und «figuretle».
