Seit Wochen verfolge ich das Wahlgetöse in Amerika. Es fühlt sich an, wie sich in meinen Teenagerjahren Liebesbeziehungen anfühlten, die desaströs zu enden drohten. Man sass beim Telefon und fieberte: Wann ruft er endlich an?! Diesmal starrte ich ins Handy und fieberte: Wie stehen die Umfragen?! Wie sieht es aus für Kamala?! Genau wie damals ist das alles eine Etüde in Machtlosigkeit. Ein paar möglicherweise miserabel informierte Wechselwählerinnen und -wähler in Pennsylvania, Michigan oder Wisconsin werden über das Schicksal der amerikanischen Demokratie entscheiden, möglicherweise auch über die Zukunft von uns in Europa. „Machen Sie sich keine Sorgen, auch mit Trump kommt alles gut“, wiederholen die Schweizer Medien nun seit Wochen. Hallo?! Den 6. Januar 2021 schon vergessen?!
Seit Wochen scrolle ich abends stundenlang durch X. „Doomscrollen“ ist dafür das falsche Wort. Ich suhle mich nicht in Untergangsbotschaften. Im Gegenteil: Ich richte mich am unverwüstlichen Optimismus von Tausenden von demokratischen Wahlhelferinnen und -helfern drüben auf. Sie sind wunderbar! Hoffentlich behalten sie recht!
Und nun laufen die Wahlen und wir haben noch nicht mal erste Resultate! Ich will jetzt Resultate, verdammtnochmal!
Eben sagt Donald Trump in Florida, er würde eine Wahlniederlage diesmal akzeptieren. Wenn die Wahlen fair wären. Wenn. Und überhaupt: Wer glaubt Donald Trump auch nur ein einziges Wort? Mich muss er jedenfalls nicht anrufen, auch wenn er gewinnt.