Johann Wolfgang von Goethe. Der Dichterfürst lässt Frau Frogg über schöpferische Kräfte nachdenken. (Quelle: Wikipedia)
„Ich! Da ich mir alles binn, da ich alles nur durch mich kenne! So ruft ieder, der sich fühlt, und macht grosse Schritte durch dieses Leben, eine Bereitung für den unendlichen Weeg drüben. Freylich ieder nach seinem Maas. Macht der eine mit dem stärcksten Wandertrab sich auf, so hat der andre siebenmeilen Stiefel an, überschreitet ihn, und zwey Schritte des letzten bezeichnen die Tagreise des ersten.“*
Goethe schrieb diese weisen Worte über ungleich verteilte schöpferische Kräfte in einer Rede über Shakespeare. Ich entdecke sie, als ich durch’s Bücher-Brocky stöbere. Sofort lege ich es auf den Stapel Bücher, den ich kaufen werde. Man kann im Bücher-Brocki die konservierte Weisheit der Welt für ein paar Fränkli kaufen. Ich schmökere hier und da und denke: „Und ich? Wie steht es mit mir und meinem Wandertrieb?“ Nicht mehr so gut, stelle ich fest. Mir selbst überlassen, habe ich keine Siebenmeilensteifel, nie gehabt. Mir selber überlassen, neige ich zu träumerischen Spaziergängen oder dazu, mir unerreichbare Ziele zu setzen. Ich komme irgendwie nie recht vom Fleck. Als junges Ding, an der Uni, habe ich mich damit vertröstet, dass ich noch endlos viel Zeit haben werde. Wandertempo bekam ich erst, als ich gegen Ende der zwanziger meinen Lebensunterhalt bestreiten musste. Und jetzt? 52 Jahre bin ich alt und in der komfortablen Lage, (im Moment) keine existenziellen Sorgen zu haben. Jetzt tappe ich wieder durchs Leben, träume, sehe kein rechtes Ziel – oder wenn, dann fehlen mir die richtigen Schuhe, um es zu erreichen. Was soll’s, denke ich und schmökere weiter.
„Hugo Loetscher zieht Bilanz“, lese ich ich im Klappentext einer Autobiografie des grossen Schweizers, „Die Stoffe und Themen seines Lebens und seines Werks entfaltet er zu einer weltumspannenden Autogeographie, der Entwicklungsgeschichte eines globalen Bewusstseins.“** Auch dieses Buch werde ich kaufen. Wenn jemand wie Loetscher Bilanz ziehen kann, dann imponiert mir das. Eigentlich habe ich eine grosse Sehnsucht danach, selber Bilanz ziehen zu dürfen. Man kann nicht so tun, als wäre man mit Siebenmeilenstiefeln unterwegs gewesen, wenn man in Wahrheit höchstens eine oder zwei Steigungen zurückgelegt hat.
Aber dann kaufe ich noch den Roman „Small World“ von Martin Suter, mit dem Klappentext: „Erst sind es Kleinigkeiten. Konrad Lang, Mitte Sechzig, stellt aus Versehen seine Brieftasche in den Kühlschrank. Bald vergisst der den Namen der Frau, die er heiraten will.“*** Konrad Lang hat Alzheimer. Dieses katastrophale Vergessen, es beschäftigt mich im Moment. Weil ich feststelle, dass mein Gedächtnis nachgelassen hat. Nichts Krankhaftes wohl, aber doch ein bisschen beunruhigend.
Sollte ich vielleicht doch Bilanz ziehen, bevor es auch dafür zu spät ist?
*Johann Wolfgang Goethe: „Schriften zur Kunst und Literatur“, 1999, Stuttgart, Reclam Universal-Bibliothek 7710
** Hugo Loetscher: „War meine Zeit meine Zeit“, 2009, Zürich, Dogenes Verlags-AG
*** Martin Suter: „Small World“, 1999, Diogenes Taschenbuch
sehr bekannt, aber eigentlich unfassbar schlecht dieses bild von goethe. und das sagt mir mal wieder: wenn sich erstmal ein bild in einem verfestigt hat, hinterfragt man es nicht mehr.
ich glaube, wenn ich zeitgenosse von goethe gewesen wäre, hätte ich ihn als arroganten klugscheißer angesehen.
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unfassbar vielleicht nicht, aber jedenfalls anatomisch absolut unwahrscheinlich… das ist goethes linkes bein, das ja überwiegend unter den wallenden falten des umhanges verschwindet: denn es ist viel zu lang.
vielleicht aber finden wir in diesem bild auch die antwort, warum goethe dichter und nicht turniertänzer geworden ist.
Goethe hatte halt noch keinen Schrittzähler… Im Ernst: Bilanz ziehen ist wohl sinnvoll am Ende eines Lebensabschnitts, um sich für einen nächsten Abschnitt vorzubereiten. Allerdings: Wer weiss, wann ein Lebensabschnitt zu Ende ist?
Beruflich war ich so viel unterwegs, dass ich fast die gesamte nördliche Halbkugel bereist habe und auch den Austausch mit den verschiedenen Menschen geschätzt habe.
Ich habe heute absolut kein Fernweh. absolut?
Da ich jetzt ans Haus gebunden bin und mehr fernsehe als sonst, habe ich jetzt folgendes Posing auf Facebook verfasst:
Blockbuster funktionieren auch ganz anders:
auf einigen deutschen Sendern gibt es manchmal eine Sendung „Eisenbahn-Romantik“. Heute scheint es auf 3SAT einen entsprechenden Schwerpunkt gegeben zu haben. Wenn immer ich den Fernseher einschaltete, gab es eine Eisenbahnsendung. (Lappland, Italien erinnere ich) Bei der Sendung über den Orientexpress blieb ich dann hängen. Es wurde über eine Fahrt mit dem Orientexpress berichtet. Es waren zwar nur die Teilstrecken Nürnberg-Istanbul und Istanbul-Bratislava betroffen, doch gab es die Auflage, dass der Zug mit Dampflokomotiven betrieben werden sollte.
Das gelang auch. In jedem Land gab es ein neues Lokomotiven-Set. Nur in der Türkei musste „getürkt“ werden. Da gab es zwar vorne noch die Dampflok, aber die hatte zuwenig Kraft, daher war zwischen ihr und den Waggons noch eine E.Lok gespannt.
Auch sonst gab es einige Defekte, die in stundenlangen Verspätungen resultierten. Aber es ging ja nicht so sehr um das Ankommen sondern um die Fahrt selbst.
Also ich fand die Sendung großartig. Die Streckenführung in Richtung Istanbul lief über Rumänien, Bulgarien, Türkei. Bei der Rückfahrt ging es über Bulgarien direkt nach Serbien auf die historische Route via Nis und einer Strecke, die heute nur eine Nebenbahn ist, aber 1888 die direkte Verbindung Paris- Istanbul ohne Umsteigen ermöglichte.
Der Orientexpress hatte für mich eine ungemeine Anziehungskraft. Interessanterweise durften wir ihn auch mit unseren ermäßigten Regiekarten benützen. Damals fuhr er auch noch innerösterreichisch an Kitzbühel vorbei.
Ich stelle fest, dass solche Sendungen für mich wie ein Magnet wirken. Ich weiß nicht, ob das vom väterlichen Erbe herrührt. Mein Vater war bei der Bundesbahn beschäftigt und offensichtlich doch in einer höheren Position. Die Leute bei der Bahn begegneten ihm mit Ehrfurcht. Jedenfalls durfte ich als Sechsjähriger bereits auf einer Dampflok im Almtal aufsteigen und mir alles zeigen lassen. Das war übrigens in Scharnstein.
Als Erwachsener habe ich einige Male besondere Eisenbahnerlebnisse gehabt, die sich nicht ausschliesslich auf Dampflokomotiven beschränkten. So eine Vergnügungsreise, wie ich sie heute angesehen habe, könnte mich noch verführen. Vielleicht sollte man als Kontrapunkt erwähnen, dass ich mich ja eher immer für Raumfahrt und Computer begeistert habe 🙂
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Weise Worte gelassen ausgesprochen 😉 Bei mir ist wohl kein Lebensabschnitt vorbei. Ich habe lediglich Ferien und Zeit, ein bisschen nachzudenken und in Büchern herumzuschmökern, die ich nachher sowieso nicht lese 😉
bilanz klingt nach abrechnung. kann oder soll man eine lebensleistung abrechnen? nach welchen kriterien?
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eine gute Frage, Herr BoMa. Ich weiss es nicht. Eigentlich weiss ich es immer weniger. Ich persönlich neigte lange Zeit dazu, jene meiner Leistungen positiv zu bewerten, die von der Welt gesehen werden. Aber das ist kein hinreichender Massstab.
Heute neige ich dazu, Freundlichkeit, Freundschaft als etwas Wichtiges zu empfinden. Die Wertungen vergehen wie die Taten selber.
Dazu nebenbei noch etwas, was mir in diesen Tagen durch den Kopf ging: Viele neigen ja dazu, es als wertvoll einzuschätzen, Kinder gehabt zu haben. Neulich habe ich im Tages-Anzeiger einen Bericht über die Klima-Erwärmung gelesen. Darin stand, den grössten Beitrag zum Klimaschutz leiste man, indem man weniger Kinder habe. Die Bilanz ändert sich – je nachem, wie man die Welt anschaut.
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Auf seine Art ist dieser Beitrag auch eine Lebensbilanz 😉
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Doch wenn schon Lebensbilanz, dann ist diese Geschichte wohl die bessere – insbesonder der letzte Satz. vielleicht ist die Geschichte aber eh schon bekannt.
https://steppenhund.wordpress.com/2011/08/17/was-ich-in-moskau-lernte/
Dieser latente Wunsch, einmal Bilanz zu ziehen, ist mir auch nicht fremd. Mit Muße alles aufschreiben, das Erlebte mit den vielen Erinnerungsfetzen in eine Reihenfolge bringen, was mir gedanklich nämlich nicht gelingt. Manchmal glaube ich sogar, dass sich hier und da ein paar Jahre unbemerkt an mir vorbeigemogelt haben. Und das meine ich nicht kokett: ich weiss gar nicht, wieso ich „plötzlich“ die 65 überschritten habe, weil doch noch so viel Kind in mir ist, das spielt, lernt und staunt.
Ich habe vor ein paar Jahren einmal damit angefangen, Teile meiner Kindheit aufzuschreiben -eigentlich nur, um dieses meinen Kindern zu geben, damit sie mich, den sie ja nur als Erwachsenen kennen, auch als das Kind sehen, das ich einmal war.
Ich war überwältigt von der emotionalen Wirkung des Lebenaufschreibens! Viel später erst erfuhr ich, dass das Befassen mit der eigenen Biografie gern auch therapeutisch genutzt wird.
Ich glaube, ich werde damit weitermachen.
„Es gibt nichts Gutes – ausser, man tut es…“ sagte doch Erich Kästner 😉
Liebe Grüße!
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… diese Geschichte auch schon gelesen. Das ist sehr erschütternd – und als Bilanz wohl eher durchzogen – ja, die Vergeblichkeit des menschlichen Strebens …
…und vielleicht ist bloggen auch eine Art, Bilanz zu ziehen. Bilanz über den heutigen Tag, Bilanz über dein Erleben, dein Innenleben im Bücherbrocki mit Göthe und Lötscher und Sutter… Den Moment anzuhalten, über ihn nachzusinnen, ihn festzuhalten. Kleines Bilänzchen…
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sehr gut. ich wusste gar nicht, dass ich so viel fürs klima tue: keine kinder, kein auto, kein hund… eine sehr klimaschonende bilanz habe ich da offenbar.
irgendwie sperre ich mich gegen eine bilanz – vielleicht, weil ich befürchte, dass diese nicht besonders gut ausfiele(?) das ganze hat was von zensur/benotung, und die mochte ich noch nie im leben. man kann, was man kann, und was man nicht kann, kann man eben nicht. oder anders gesagt: unsere leistungsgesellschaft geht mir auf den sack. bin ich ein schlechterer mensch, weil ich weniger in meinem leben leistete? weil ich keine karriere machte? kein haus baute? keine kinder zeugte? kein auto habe?
ich finde es fatal, dass sehr viele menschen immer noch in diesen wertekategorien denken, dass es immer noch standesdünkel gibt, dass man immer noch begrifflichkeiten wie „gehobene gesellschaft“ benutzt und von klassen redet.
nun, es soll jeder die bilanz ziehen, die ihm beliebt. ich lasse es lieber.
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da ist was dran.
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Leider sehe ich Ihren Kommentar erst jetzt. Das glaube ich, dass so eine Autobiografie zu schreiben etwas sehr Emotionales ist. Vielleicht lasse ich deswegen die Finger davon und mache lieber kurzfristige Bilänzchen in Form von Blogbeiträgen.
Eine solche Autobiografie für die eigenen Kinder zu schreiben: Sehr schöne Idee! Die haben sich bestimmt sehr gefreut.
Dieses katastrophale Vergessen, es beschäftigt mich im Moment. Weil ich feststelle, dass mein Gedächtnis nachgelassen hat. Nichts Krankhaftes wohl, aber doch ein bisschen beunruhigend.
Ich weiß nicht, wie alt Sie sind, aber könnten es die Wechseljahre sein? Kitty Koma schrieb dazu mal ein viel beachtetes und verlinktes Posting Rites de Passage. Darin heißt es:
Ich war niedergeschlagen, ängstlich-panisch, müde, wenig belastbar, vergesslich und oft ziemlich matschig im Kopf …
Es müssen nicht immer Hitzewallungen sein, die Frauen während der Wechseljahre zu schaffen machen. Es kann auch sein, dass in der Zeit das Hirn plötzlich Matsch ist und die Konzentrations- und Merkfähigkeit hinüber.
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Hat das nicht jeder einmal? Oder manchmal sogar einmal mehr, als es einem lieb ist? Und je mehr man darüber sinniert, ob man vielleicht sein Gedächtnis verliert, um so mehr wächst diese leise Furcht? Ein kleiner gemeiner Teufelskreis….
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Ja, und auch etwas gestaunt.
😉
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„demenz“ kann auch folge von depressionen sein.
es gibt tests, mit denen man relativ gut überprüfen kann, ob man nur mal vergesslich ist oder schon dement.
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Ja, es könnten die Wechseljahre sein – (der Beitrag von kittykoma ist in dieser Hinsicht sehr tröstlich und auch eine sehr gute Analyse, danke für den Link).
@BoMa: Ja, es könnte eine kleine Depression sein. Noch vor wenigen Wochen wachte ich morgens jeweils auf und wollte sterben. Das ist ein kompliziertes Phänomen – ich habe meistens eine kleine Depressiion, wenn ich mich von einem besonders unfreundlichen Meniére-Schub erholt habe. Ich muss dann nicht mehr so sehr gegen die Krankheit kämpfen, aber es geht während Schüben immer etwas an Unbeschwertheit verloren, manchmal auch an sonst irgend eine Art von Lebensqualität. Aber vielleicht ist die kleine Depression auch lediglich eine Folge der Wechseljahre.
@ Lo: Ja, da haben Sie recht. Ich habe beschlossen, mich davon nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Das ist als Strategie sicher nicht falsch.
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Gern geschehen.
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Wie schön. Solche Gedankenl befallen vermutlich jeden irgendwann einmal.
Sorgen und Ängste, über die man sich manchmal den Kopf zerbricht, treten in mehr als 90 Prozent aller Fälle in der Realität gar nicht ein, sagt eine Theorie.
Ich habe zum Beispiel zum Jahresbeginn meinen Betrieb aufgegeben, bin nun in der glücklichen Lage, „machen zu müssen, was ich will….“, was auch wirklich schön ist.
Doch so langsam vermisse ich bei all der Freiheit, gefordert zu werden – und manchmal glaube ich auch, fast all mein berufliches Wissen vergessen zu haben. Ich gehe aber davon aus, dass meine Festplatte im Kopf einfach das nicht mehr Wichtige irgendwo anders ablagert.
Ganz liebe Grüße und Wünsche: et wird schon wieder, Frau Frogg.
😉
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auch auf die freiheit muss man vorbereitet sein…
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Das ist wahr, aber ich komme damit allerbestens zurecht 😉
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Wie wir damals gewesen wären, können wir ja schwerlich beurteilen. Ich weiss nur: Als ich jung war, habe ich Goethe grossräumig gemieden, auch während meines Germanistik-Studiums (!). Da war eine Mischung aus Furcht vor dem hohen Anspruch und dem Verdacht, dass er uns heute nichts mehr sagen kann. Aber heute packt mich gelegentlich die Neugier, und ich lese alte Texte. Um zu sehen, ob ich sie heute anders einordnen kann als damals, als ich ja in vielerlei Hinsicht völlig unbedarft war.
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wenn sich diese alten literaten mittels ihrer bücher in unser heutiges leben einmischen können, darf ich mir doch auch mal ein bild von ihnen und ihrer zeit machen. ob das ihnen gerecht wird, weiß ich freilich nicht. aber ich gehe mal davon aus, dass sich die menschen binnen zwei-dreihundert jahren geistig und charakterlich nicht wesentlich änderten. um manche menschen wird einfach zu viel her gemacht – war schon immer so.
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Blöde Frage – aber was findest du an dem Bild von Goethe „unfassbar schlecht“? Und dass um ihn „zu viel her gemacht“ werde, kann ich auch nicht nachvollziehen.
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dass das bild schlecht ist, sagt mir mein kunstverständnis.
findest du das bild etwa gut?
na, um goethe wird doch nun wirklich viel her gemacht… das ist nicht zu leugnen, ganz unabhängig davon, was man von seinen literarischen produkten etc. hält. ich mag`s grundsätzlich nicht, wenn man einen menschen derart auf den sockel stellt.
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Ich finde das eigentliche Thema „Lebensbilanz“ viel spannender…
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🙂 Ich habe mich tatsächlich auch über die Haltung der Beine gewundert. Ich suchte vorne links das zweite, wo keine mehr ist. Dafür ist hinten rechts eines schräg hochparkiert. Man fragt sich, was das über den grossen Klassiker sagt.
@Lo Ich finde das Thema Lebensbilanz auch spannender. Ehrlich.
@BoMa: Man wählt in der Eile ein Bild und sieht die Mängel erst später. Aber es ist halt die Ikone des Dichterfürsten. Die verdrehte Beinhaltung soll wohl fürstlich sein.
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eitel und selbstverliebt erscheint mir goethe auf dem bild – was er wahrscheinlich auch war. bestimmt hatte er keine probleme mit seiner lebensbilanz.
Warum ich es nicht so hab mit dem Lebensbilanzding, ist, dass das so nach Schlussbilanz klingt und man sich schon mit einem Bein im Grab wähnt, wenn man so daherbilanziert. Das ist zwar faktisch gar nicht so verkehrt (also das mit dem einen Bein im Grab), aber ich will ja auch von meinem Leben noch was mitbekommen, solange ich eben hier bin. Und da habe ich einfach keine Zeit für Schlussbilanz(en), zumal eine solche niemals wirklich umfassend und vollständig sein kann. Denn ich mache immer noch und weiterhin Fehler – vielleicht noch mehr als zuvor, wer weiß? -, die ja eigentlich in die Schlussbilanz mit einfließen müssten. Genau genommen, habe ich so viele Fehler in meinem Leben gemacht, dass ich ja in Depression verfallen müsste, wenn ich mir die alle bewusst machen wollte, und das auch noch auf einmal … was hätte ich davon?! Rein gar nichts. Aber jetzt leben, leben, leben, was mein Inneres und mein linkes Knie hergibt … da bin ich dabei!
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Im Hier und Jetzt sein, ist das Wichtigste um wirklich zu sein. Dennoch ist ein Innehalten wichtig und einen Blick darauf zu werfen, was man bisher gemacht hat und auch darauf, was man zukünftig machen möchte. Der Terminus „Lebenzbilanz” ist wahrscheinlich nicht das richtige Wort, weil es zu sehr in Richtung einer abschließenden Bilanz geht. Zumindest glaube ich (hoffe ich), dass niemand der hier Kommentierenden mit seinem Leben abgeschlossen hat. Also mag man das besser als Zwischenbilanz des Lebens bezeichnen oder so.
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unserere lebensbilanz leben wir quasi jeden tag, weil wir schließlich durch unsere vergangenheit das wurden, was wir gegenwärtig sind. dies machen wir uns nur nicht immer bewusst – manchmal in lebenskrisen oder krankheiten werden gewisse vergangene erlebnisse, fehler und traumata neu reflektiert. alles hängt miteinander zusammen. sich ein leben, welches oft schieflief, schönzureden, bringt da nichts. und: vorbei ist vorbei. ansonsten sind wir menschen ziemlich gut im entschuldigungen finden für unsere verfehlungen. eine lebensbilanz würde niemals ganz ehrlich ausfallen und wäre zudem ziemlich lückenhaft. aber wem`s hilft. man sollte jedoch darauf gefasst sein, dass man an punkte kommt, die einem die laune ziemlich verderben… mehr als das: wir können unter umständen durch das bilanzziehen in eine lebenskrise schlittern.