„Neeeein, nicht noch ein Beitrag über diese Autorin Elena Ferrante!“ höre ich jetzt einige von Euch rufen. Aber Ihr müsst da jetzt durch, denn ich habe etwas zu dem Thema zu sagen. Ich bin vielleicht die erste Leserin auf der Alpennordseite, die alle vier Bände des „Napoletanischen Quartetts“ mit den Heldinnen Lila und Lenu verschlungen hat (auf Englisch – Italienisch kann ich zu wenig gut).
Und? Was soll ich Euch verraten über diese circa 1500 Seiten, auf denen zwei Italienerinnen um ein besseres Leben kämpfen? Fragt, wenn Ihr etwas wissen wollt! Hier nur so viel: Die Lektüre lohnt sich. Ferrante gibt uns eine vielschichtige Chronik weiblicher Erfahrung in den letzten sechs Jahrzehnten – und ein paar tief erschütternde Wendungen im Plot.
In den Medien war die Enttarnung der Autorin die noch grössere Sensation als die erstaunlichen Verkaufszahlen ihrer Bücher. Irgendein Journalist will herausgefunden haben, wer sich hinter dem Pseudonym Elena Ferrante verbirgt. Sie soll eine Übersetzerin in Neapel sein, deren Namen ich nicht zu wiederholen brauche. Hierzulande kennen sie wohl nur die wenigsten. In Neapel dürfte das anders sein – die Literaturszene ist dort wohl nicht sehr gross. Für die Frau, die sich angeblich hinter dem Pseudonym verbirgt, dürfte sich fast alles verändern.
Aber warum wählt so jemand überhaupt ein Pseudonym? Nun, wir als Blogger verstehen das: Wir erzählen am besten unter dem Schutz unseres Nicks. Wir erzählen am wahrsten, wenn wir für unsere Leser wie eine Fremde im Zug sind. Ich für meinen Teil möchte nicht, dass meine Arbeitskollegen oder – Gott bewahre! – meine Chefs meinen Blog lesen.
Vielleicht ist es das, was mir das Schreiben in letzter Zeit schwerer macht. Mittlerweile habe ich nur noch wenige Leserinnen und Leser. Ich habe den Verdacht, dass die meisten mich persönlich kennen. Versteht mich bitte nicht falsch – es rührt mich jedes Mal, wenn ich höre, dass mich überhaupt noch jemand liest. Aber manchmal verschlägt es mir deswegen fast die Sprache.
Zugegebenermaßen schaue ich hier nur selten rein, aber so wissen Sie nun, dass es zu Ihren gefühlten Besuchern auch Ausnahmen gibt. Jedenfalls finde ich die Enttarnung von Elena Ferrante so etwas von unnotwendig. Notwendig ist allerdings für mich, ihre Tetralogie zu lesen. Das muss allerdings noch etwas warten.
REPLY:
Schön, Sie hier wieder mal begrüssen zu dürfen, obwohl Sie anscheinend viel um die Ohren haben zurzeit. Viel Erfolg mit Ihrer Ausstellung – und lesen Sie Ferrante, wenn Sie Zeit haben.
dass hier wenig los ist, liegt nicht an den bloggern sondern am absterben twodays.
was hat ein mann davon, elena ferrante zu lesen?
REPLY:
weil männer meist einfach für menschen schreiben, währenddessen es ausgesprochene frauenliteratur gibt. du kennst doch bestimmt diese frauenbuchläden?
REPLY:
EBEN NICHT schreiben Männer einfach für Menschen. In vielen Büchern von Männern sind Frauen blasse Männerphantasien, wird die weibliche Erfahrung gar nicht oder völlig ahnungslos dargestellt. Und bis vor zwanzig Jahren war es ein erheblicher Missstand, dass praktisch nur Bücher von Männern als lesenswert galten. Den Frauen fehlten Stimmen in der Literatur. Deshalb gab es die Frauenbuchläden.
Die Zeiten haben sich geändert – heute gibt es viel mehr schreibende Frauen. Ferrante befasst sich in ihrem Buch genau mit diesem Phänomen – dass Frauen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ihre eigene Stimme zu suchen und zu entwickeln begannen. Das ist durchaus von allgemein menschlichem Interesse – zumal es ein zentraler Aspekt der westlichen Kulturgeschichte der letzten 50 Jahre ist. Und wenn es nicht interessiert, sollte Mann es wenigstens respektieren.
REPLY:
Ferrante lese ich übrigens jetzt. Sehr schön. Hier gibt es eine Karte von allen Orten. Falls Sie Tipps für Neapel haben, dann gern.