Singende Horizonte

Zwischen Caernarfon und Portmadog, aus dem Zug fotografiert (Bild: kulturflaneur.ch).

Für unsere Weiterreise durch das Kymrische Hochland war Reiseleiter T. ein Geniestreich gelungen: Er hatte eine Bahnverbindung der Welsh Highland Railway gefunden, keine ÖV-Strecke, sondern eine Nostalgiebahn für Dampflok-Fans und gediegene Familienjubiläen. „Ich habe sogar ins Büro der Firma in Porthmadog anrufen müssen, um die Buchung abzuschliessen. Im Internet kann man keine einfache Fahrt kaufen, nur Rundreisen“, berichtete er.

So schnauften wir in gemütlichem Tempo durch eine grossartige Landschaft: Berge, die wie Walrücken aus einem Meer von Weiden, Seen und verwunschenen Wäldern auftauchen. An den Brücken und Bahnhöfen erwartete uns stets ein halbes Dutzend Trainspotters. Sie standen mit ihren Kameras da, manche sogar mit Tonaufnahmegeräten, um die Dampflok in ihrer Sammlung zu verewigen.

Herr T. war etwas betrübt über das Wetter. „Aber nein“, sagte ich, „Regen und Nebel machen das alles erst richtig poetisch.“ Während Herr T. den Zug erforschte und oft knipste, tat ich nichts als aus dem Fenster zu schauen.

Unser Zug im verwunschenen Wald (Bild: kulturflaneur.ch).

Das Hochland hier ist auch eine grosse Kulturlandschaft. In der Nähe der Station Beddgelert ist gemäss Legende der Ort, wo der walisische rote und der sächsische weisse Drache einst kämpften. Hier war der grosse Zauberer Merlin zugange, hier ruht Gelert, der beste aller Hunde. Und: Versteckt in den Tälern liegen die Schieferbergwerke von Nordwales, wo im 19. Jahrhundert Millionen Tonnen des schimmernden Steins ausgehoben wurden.

Die Schieferindustrie ist geschrumpft, aber noch immer werden mit den grauen Platten tolle Häuser gebaut. In der kymrischen Hauptstadt Cardiff steht das Wales Millennium Center, ein Konzertbau der Superlative aus dem Jahre 2004, erbaut unter anderem aus 1300 Tonnen Schiefer aus Nordwales. Auf dem mächtigen Portal steht das Motto: „In these stones horizons sing“ der Nationaldichterin Gwyneth Lewis.

Das Cardiff Millennium Center (Quelle: Wikipedia)

 

 

 

3 Gedanken zu „Singende Horizonte“

    1. Ich danke Dir für den Kommentar, liebe Edith. Die Farbe… ja, sie ist sehr ähnlich, aber geht doch auch ein bisschen mehr ins Braune.

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