Zum Glück gibt’s im Kino Untertitel

Ernst S. – hier gespielt von Dimitri Krebs – will sich nicht mit der ihm vorgezeichneten Existenz als Stallknecht abfinden. Um Sänger zu werden, verkauft den Deutschen „Geheimnisse“. (Quelle: Ascot Elite)

An den Filmtagen in Solothurn lief der Spielfilm über den 1942 wegen Landesverrats erschossenen Ernst Schrämli. Uns Altlinken ist der Stoff aus dem Dokumentarfilm von Niklaus Meienberg und Richard Dindo (1976) bestens bekannt – er prangerte helvetische Heuchelei und Klassenjustiz an. Klar, dass Herr T. und ich das Remake sehen mussten!

Der Streifen erwies sich von der ersten Sekunde an als emotional packend – Ernst S., dieser eben erwachsen gewordene Heimzögling, Träumer und Tunichtgut, hat so lebenshungrige Augen! Aber ach! Ich verstehe die Dialoge nicht! Ich merke nur, dass die Leute im Film St. Galler Dialekt sprechen. Den verstehe ich eigentlich tiptop, aber halt nicht im Kino.

Doch was für ein Glück! Da sind Untertitel! Nun ja, sie sind französisch, für das Festivalpublikum aus der Romandie, aber besser als nichts. Ich konnte also dem Plot folgen, wenn auch vielleicht nicht jeder Feinheit bei den Dialogen, und kann demnach auch sagen, dass ich den Film sehr empfehlenswert finde – man sollte nicht jeder durchzogenen Kritik glauben.

Wer mehr wissen möchte, liest am besten hier nach.

6 Gedanken zu „Zum Glück gibt’s im Kino Untertitel“

  1. Ich hatte die Schweiz bisher immer für „neutral“ gehalten, die sich aus allen Kriegen raushält. Und dass es dort sogar die Todesstrafe gab und vollstreckt wurde, hätte ich auch nicht gedacht.
    Noch weniger hatte ich allerdings gewusst / hätte ich gedacht, dass in der Schweiz Anfang der 1960er Jahre darüber diskutiert wurde, sich mit Atomwaffen zu rüsten.
    https://seniorweb.ch/2024/02/25/kann-sich-die-schweiz-verteidigen/

    Geschichtswissen ist wahrscheinlich noch weniger verbreitet als Finanzwissen.

    1. Danke für den Link, Rabi! Das ist sehr aufschlussreich, über die Sache mit den Atomwaffen wusste ich auch wenig. Ich war damals noch ein Kind. Zur Sache mit der Neutralität: Man kann sich ja nicht allein entscheiden, sich aus allen Kriegen rauszuhalten und wird dann nie wieder behelligt. Die „immerwährende Neutralität“ der Schweiz wurde damals am Wiener Kongress von 1815 von den europäischen Mächten ins Werk gesetzt, und alle haben sich seither daran gehalten.

      Für uns war das ein riesiger Glücksfall. Wie wir durch den Zweiten Weltkrieg gekommen sind, ohne von Hitler erobert zu werden, darüber wurde in den nuller Jahren sehr gründlich geforscht. Heute wissen wir: Die Schweiz hat unter anderem im grossen Stil Waffen an die Deutschen geliefert. Ausserdem fungierte sie quasi als Bank des Dritten Reiches: „Vor allem aber kauft die Schweiz die deutsche Kriegsbeute: beschlagnahmte Wertpapiere und das Gold der Zentralbanken in den besetzten Ländern. ‚Sie hat fast vier Fünftel des ganzen deutschen Goldes in hochkonvertible Schweizer Franken verwandelt'“, sagt der Zürcher Zeithistoriker Jakob Tanner“ (zitiert von hier: https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag6354.html). Wir hatten aber auch Truppen in den Bergen, die aus den Alpentälern sowas wie einen Guerillakrieg gegen die Besatzungstruppen im Mittelland geführt hätten. Hitlers Schweizer Waffenfabriken und Banken waren sicherer in Schweizer Händen, könnte man vielleicht stark verkürzt und etwas provokativ sagen.

      Über Ernst S. nur so viel: Er war selbst im Militär und hat einem deutschen Funktionär im Konsulat von St. Gallen unter anderem die Stellung seiner Truppen verraten (wobei er sehr ungenau gewesen sein soll, vielleicht aus Absicht). Und er hat den Deutschen ein paar Granaten aus seiner Truppe übergeben, um sie über die Macharcht unserer Waffen in Kenntnis zu setzen. Die kannten diese Granaten aber genau, sie hatten selbst solche, aus Schweizer Fabrikation.

      Als dann plötzlich ein Sieg der Alliierten in den Bereich des Möglichen rückte, musste die Schweiz Kooperationsbereitschaft an den Tag legen (so wird es im Film erzählt). Man musste zeigen, dass man Landesverrat hart bestrafte und richtete ein paar Leute hin, die sich schlecht wehren konnten. Das andere, der Waffenhandel, wurde diskret unter den Teppich gekehrt und drei Jahrzehnte lang von allen Seiten beschwiegen.

      Und wie sich die Schweiz heute verteidigen will/soll/kann? Ein brandaktuelles Thema …

  2. Zu „Man kann sich ja nicht allein entscheiden, sich aus allen Kriegen rauszuhalten und wird dann nie wieder behelligt“ fällt mir ein
    „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“
    Wahrscheinlich hat Schiller damit die Schweiz gemeint, als der Wilhelm Tell schrieb. Aber das weiß ich jetzt nicht so genau.

    1. Wahrscheinlich hat er schon die Eidgenossenschaft gemeint, und den bösen Habsburger Nachbarn. Aber das hat durchaus eine gewisse Allgemeingültigkeit. Obwohl wir hierzulande sagen: „Zum Schtriite bruchts immer zwöi“.

  3. Anders gesagt: Eimale chasch di nid stritä (das hat die KI so geschrieben; ich weiß also nicht, ob das „richtiges“ Schweizerdeutsch ist)

    1. Deine Zweifel sind berechtigt. Das ist sehr zweifelhaftes Schweizerdeutsch und ganz sicher keine keine Paraphrasierung von „zum Striite bruchts immer zwöi“. Das heisst: Zum Streiten braucht’s immer zwei. Was mir jedoch angesichts der Weltlage eine allzu simple Aussage zu sein scheint.

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